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Weiterleben
Weiterleben im Land der Täter. Die Jüdische Kultusgemeinde Gelsenkirchen nach dem Holocaust

Mittwoch, 29. Januar 2020, 19 Uhr

Weiterleben im Land der Täter.  Die Jüdische Kultusgemeinde
Gelsenkirchen nach dem Holocaust

Vortrag von Stefan Nies, Dortmund/Hamburg,  mit anschließender Diskussion

Fast alle der 1.750 jüdischen Einwohner*innen, die 1933 in
Gelsen-kirchen gelebt hatten, waren emigriert, vertrieben, deportiert
oder ermordet worden, nur sehr wenige hatten sich durch Untertauchen der
Verfolgung entziehen können. Nach der Befreiung vom National-sozialismus
kehrte eine geringe Zahl aus Lagern und unterschiedlichen Zufluchtsorten
zurück, hinzu kamen Juden und Jüdinnen, die während des
Nationalsozialismus aus anderen Ländern nach Gelsenkirchen verschleppt
worden waren oder die es in den Wirren der Nachkriegszeit nach
Gelsenkirchen verschlagen hatte – viele wollten in die USA oder nach
Palästina auswandern oder in ihre osteuropäische Heimat zurückkehren.
1946 lebten etwa 70 Juden und Jüdinnen in Gelsenkirchen.Schon im Sommer
1945 gründeten Überlebende ein jüdisches Hilfskomitee, aus dem
schließlich eine neue Kultusgemeinde aufgebaut wurde, die 1958 einen
kleinen Betsaal für 80 Gläubige erhielt. Was bedeutete es, in dem Land
zu bleiben, von dem der Holocaust ausgegangen war, in einer
Gesellschaft, die an die eigene Schuld nicht erinnert werden wollte –
und dies, während gleichzeitig nahezu die gesamte jüdische Welt kein
Verständnis für ein Weiterleben im Land der Mörder hatte? Auf „gepackten
Koffern“, also jederzeit zur Emigration bereit, und eher unsichtbar
gestalteten viele Jüdinnen und Juden ihren Alltag in der Bundesrepublik.
Der Vortrag zeichnet die Geschichte der kleinen jüdischen Kultusgemeinde
in Gelsenkirchen von 1945 bis zu Beginn der 1990er Jahre nach, als sich
durch die Einwanderung jüdischer „Kontingentflüchtlinge“ aus Osteuropa
eine unerwartete Neubelebung ergab.

Veranstaltungsort:
Dokumentationsstätte  „Gelsenkirchen im Nationalsozialismus“
Cranger Straße 323, 45891 Gelsenkirchen