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Vortrag
Stadt und Heritage als neue Nahbeziehung

Mittwoch, 10. Juli 2019, 18.00 Uhr

Vortrag: Stadt und Heritage als neue Nahbeziehung
Referentin: Prof. Dr. Sybille Frank, Fachgebiet Stadt- und
Raumsoziologie, Institut für Soziologie, TU Darmstadt

Seit den 1970er Jahren lässt sich (nicht nur) in den westeuropäischen
Industrienationen ein regelrechter Geschichtsboom beobachten: Städte
begehen ihre historischen Jahrestage mit großen Feiern, veranstalten
Mittelaltermärkte und Altstadtfeste und restaurieren oder rekonstruieren
aufwändig ihre historischen Zentren und Gebäudefassaden. Nahezu täglich
werden neue Museen, Denk- und Mahnmale eingeweiht, Relikte und Rituale
in den Stand des Erinnerungswürdigen erhoben, und der Tourismus um
historische Sehenswürdigkeiten erklimmt immer neue Höhen: Historische
Stoffe, offenbar begriffen als ein für die Gegenwart relevantes und
daher erhaltenswertes Erbe, haben und machen also Konjunktur. Der
Umstand, dass sich um das kulturelle Erbe inzwischen eine ganze
Industrie rankt, von der nicht nur kommunale, nationale und
transnationale öffentliche, sondern in zunehmendem Maße auch
unterschiedlichste private Akteure profitieren, ist in der jüngeren
anglo-amerikanischen Forschung unter dem Begriff der „heritage industry“
zusammengefasst worden.

Der Vortrag wird diese in Deutschland bislang kaum rezipierten sozial-
und kulturwissenschaftlichen Forschungsansätze rekonstruieren und sie
einer kritischen Analyse unterziehen. Anschließend wird die These
entwickelt, dass Stadt und Erbe nach Jahren der Fern- neuerdings eine
Nahbeziehung führen: Die Zunahme von Kämpfen um Erbe in heutigen
kulturalisierten Städten zeigt, dass Erbe nicht nur eine Ökonomisierung,
sondern auch eine Popularisierung erfahren hat, und dass immer mehr
soziale Gruppen über die Repräsentation ‚ihres‘ Erbes im öffentlichen
Raum ihre Position in der Gegenwartsgesellschaft zu bestimmen versuchen
– mit unterschiedlichen Durchsetzungschancen.

Veranstalter: Kulturwissenschaftliches Institut Essen (KWI)

Veranstaltungsort:
Kulturwissenschaftliches Institut Essen (KWI)
Goethestraße 31, 45128 Essen