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Tagung
Kunst in der Kommune…

Mittwoch, 22., und Donnerstag, 23. Juni 2022

Tagung: *Kunst in der Kommune – Über die Gleichzeitigkeit von Innovation
und Kontinuität der Kunstpolitik nach 1945 *

Im Nachkriegsdeutschland stellte sich kommunale Kulturpolitik als eines
der wenigen kaum reglementierten oder vorstrukturierten Politikfelder
dar, kulturelle Förderung mutete als weitestgehend freiwillig an. Das
Begriffspaar Kunst und Politik schien zugleich fast unzertrennlich mit
Demokratisierung und Re-Education einerseits sowie Sozialismus und
antifaschistischer Erziehung andererseits verbunden zu sein

Die Kommune kann – noch vor den Einflüssen der Institutionskritik – als
der wesentliche Bereich verstanden werden, in dem die Kunst den Menschen
unmittelbar gegenübertritt. Die Kunst wurde dementsprechend im Westen
Deutschlands zu einem vermeintlichen Demokratisierungsparameter und die
Kommune zum Ermöglichungsraum für unterschiedliche Kunstimpulse und
-erzählungen. Allerdings war ihre Rolle ambivalent, da Räume für Kunst
geschaffen und gleichzeitig verhindert wurden. Dieses Spannungsfeld
zeigt sich beispielhaft an zwei konträren Entscheidungen der Stadt
Gelsenkirchen: Einerseits beriet im Oktober 1957 eine Jury über die
künstlerischen Arbeiten, welche im und am Bau des neuen Theaters in
Gelsenkirchen integriert werden sollten. Die Künstler Robert Adams, Paul
Dierkes, Jean Tinguely, Yves Klein und Norbert Kricke wurden ausgewählt.
Klein beschrieb die Zusammenarbeit der Künstler mit dem Architektenteam
1958 als von einem „sehr ,avantgardistische(n)‘ Geist“ geprägt.
Andererseits erwarb die Stadt im selben Jahr die Olympia des Künstlers
Fritz Klimsch und ließ die Skulptur nahe des Rathauses in
Gelsenkirchen-Buer aufstellen. Klimsch – als „Gottbegnadeten“-Künstler
von den Nationalsozialisten protegiert – hatte an der Olympia im Auftrag
der nationalsozialistischen Heeresführung gearbeitet.

Vor diesem Hintergrund stellt die Tagung des Kunstmuseums Gelsenkirchen
und des Instituts für Stadtgeschichte Gelsenkirchen die Frage nach der
Gleichzeitigkeit von Innovation und Kontinuität in der kommunalen
Kunstpolitik in der langen westdeutschen Nachkriegszeit.

*Programm*

/Mittwoch, 22. Juni 2022: Musiktheater im Revier, Gelsenkirchen/

19:00 Uhr Podiumsdiskussion
„Kunst in der Stadt – Aktuelle Perspektiven der Kunstpolitik“
Moderation: Anke von Heyl (Köln), Teilnehmer:innen: Markus Ambach
(Düsseldorf), Lisa Marei Schmidt (Berlin), Christiane Wanken
(Gelsenkirchen), N.N.

/Donnerstag, 23. Juni 2022: Kunstmuseum Gelsenkirchen/

9:00 Uhr Akkreditierung

9:30 Uhr Begrüßung und Einführung: Christiane Wanken und Daniel Schmidt
(Gelsenkirchen)

10:00 Uhr Sektion I: Kontinuitäten und Brüche
Moderation: Daniel Schmidt (Gelsenkirchen)

Gloria Köpnick (Quedlinburg)
„Zwischen Kontinuität und Neubeginn. Überlegungen zu Ausstellungs-,
Sammlungs- und Museumspolitik am Landesmuseum Oldenburg zwischen 1945
und 1955“

Felix Steffan (Nürnberg)
„,Aus dem Scheintod zu neuem Leben erwacht‘. Brüche und Kontinuitäten
der kommunalen Kulturpolitik nach 1945 am Beispiel der Stadt Rosenheim“

Fabian Köster (Münster)
„Die ,Gnade des Anfangs‘? Kunstpolitik in den Industriestädten
Gelsenkirchen und Wolfsburg zwischen konservativ und zukunftsgewandt“

12:30 Uhr Mittagspause

13:30 Uhr Sektion II: Folgen nach der NS-Zeit
Moderation: Stefan Goch (Düsseldorf)

Wolfgang Brauneis (Köln)
„Die Liste der ,Gottbegnadeten‘. Künstler des Nationalsozialismus in
Nordrhein-Westfalen“

Jasmin Hartmann (Bonn)
„Schenkung 1961 – Restitution 2021. Zur Problematik von musealen
Nachkriegserwerbungen“

15:30 Uhr Kaffeepause

16:00 Uhr Sektion III: Akteur:innen
Moderation: Christiane Wanken (Gelsenkirchen)

Alexander Kraus (Wolfsburg) / Christoph Lorke (Münster)
„Zeitgenössische Kunst fördern und vermitteln. Neugründungen
nordwestdeutscher Kunstvereine nach 1945/49“

Alexandra Apfelbaum (Dortmund)
„Ernst Otto Glasmeier. Kunst und Politik in Gelsenkirchen“

Klara von Lindern (Göttingen)
„Revision des Museums? Werner Hofmanns didaktische Ausstellungskonzepte
zwischen Kontinuitäten und Innovation“

Freitag, 24. Juni 2022: Kunstmuseum Gelsenkirchen

9:00 Uhr Sektion IV: Sammlungspolitik
Moderation: Hans-Jürgen Lechtreck (Essen)

Jörg van den Berg (Leverkusen)
„Radikale Moderne vs. Tradition. Zu möglichen Wechselverhältnissen
zwischen Ausstellen und Sammeln am Beispiel von Udo Kultermanns
Ausstellung ,Monochrome Malerei‘ (1960) im Museum Morsbroich Leverkusen“

Annika Becker (Gelsenkirchen)
„Gelsenkirchen und die städtische Kunstsammlung in den 1950er bis 1970er
Jahren – ein avantgardistischer Aufbruch?“

10:30 Uhr Kaffeepause

11:00 Uhr Sektion V: Ost/West – Vergleiche
Moderation: Thomas Großbölting (Hamburg)

Josephin Heller (Leipzig)
„Zurück in die Zukunft? Kunstpolitische Entwicklungen in Leipzig nach
1945 – Netzwerke, Kunstausstellungen und Konzepte“

Dorothea Schöne (Berlin)
„Ent-marginalisierte Orte – oder warum Kassel die documenta bekam«

12:30 Uhr Abschlussdiskussion
Kontakt

Anmeldung bis zum 15. Juni 2022 unter kunstmuseum@gelsenkirchen.de

Veranstalter:innen:
Christiane Wanken (Kunstmuseum Gelsenkirchen),
christiane.wanken@gelsenkirchen.de
Daniel Schmidt (Institut für Stadtgeschichte Gelsenkirchen),
daniel.schmidt@gelsenkirchen.de
Annika Becker (Kunstmuseum Gelsenkirchen), annika.becker@gelsenkirchen.de
Fabian Köster (Westfälischen Wilhelms-Universität Münster),
fabian.koester@uni-muenster.de

H-Soz-Kult, 14.04.2022, <www.hsozkult.de/event/id/event-117242>.