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Neuerscheinung
Westfälische Forschungen
Thomas Küster und Malte Thießen (Hg.): DAS FINANZ- UND BANKWESEN IN
WESTFALEN VOM 18. BIS 20. JAHRHUNDERT, Westfälische Forschungen, Band
67/2017, Aschendorff Verlag: Münster 2017, 732 Seiten, ISBN
978-3-402-15400-7, Euro 69,60
Während des 19. und 20. Jahrhunderts gaben zwei Führungssektoren der
Industrialisierung, die Textilindustrie und die Schwerindustrie, in
Westfalen den Anstoß für den Wandel von einer durch den Agrarsektor
geprägten Wirtschaft hin zu einer arbeitsteiligen, von der Industrie
bestimmten Gesellschaft. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts kam
es zu einer partiellen Deindustrialisierung und zum Siegeszug des
tertiären Sektors. Diese Entwicklung wirkte sich auch auf die
Kreditwirtschaft aus. Lokal operierende und auf die Bedürfnisse einer
Agrargesellschaft zugeschnittene Finanzinstitutionen verloren an
Bedeutung; im Gegenzug profitierten große und leistungsstarke
Universalbanken. Diese konzentrierten sich zunächst auf die
Industriefinanzierung, boten schrittweise aber immer mehr
Finanzdienstleistungen für eine rasch wachsende Kundschaft aus allen
Teilen der Wirtschaft. Industrialisierung, Bevölkerungswachstum und
Urbanisierung bereiteten aber auch die Basis für eine weitere
Ausdifferenzierung des gesamten Finanzwesens.
Die Beiträge des Themenschwerpunktes verfolgen das Ziel, die
Veränderungsprozesse in der Kreditwirtschaft Westfalens vom 18. bis zum
20. Jahrhundert genauer zu beleuchten. Dabei werden tradierte Formen des
Geldverkehrs und die zunächst dominierenden Finanzinstitutionen, etwa
Privatbankiers und Rentenbanken, ebenso behandelt wie die fundamentalen
Veränderungen im Verhältnis von Banken und Industrie im Zuge der
Industrialisierung. Im Fokus stehen aber auch Kreditgenossenschaften und
Sparkassen als Finanzdienstleister für den gewerblichen Mittelstand und
das Handwerk, die in der Zwischenkriegszeit, der Phase des Wiederaufbaus
und der Zeit des „Wirtschaftswunders“ die notwendigen Finanzierungen für
weite Teile der Wirtschaft bereitstellten. Mit dem nach dem Zweiten
Weltkrieg wieder erwachten Sparwillen in der Bevölkerung veränderte sich
auch das Geschäftsprofil der Kreditinstitute. Das sogenannte
Massengeschäft, die Betreuung möglichst breiter Bevölkerungskreise,
gewann erneut an Bedeutung. Dieser von der Forschung bislang kaum
beachtete Aspekt wird hier ebenfalls eingehend thematisiert.
Weitere Beiträge behandeln die Beteiligung von Provinz und Staat an der
„Jugendfürsorge auf See“ und der westdeutschen Kanalschifffahrt, die
Kartierung historischer Industriestandorte am Beispiel Mendens, den
Arbeitseinsatz von Kriegsgefangenen im Ersten Weltkrieg, den NS-Kult um
jugendliche Märtyrer im Ruhrgebiet, die Europabewegung im Münsterland
nach 1945 sowie die mediale Wahrnehmung der „Gastarbeiterinnen“ während
der wilden Streiks in der rheinischen und westfälischen Metallindustrie
um 1970. Karl Ditt widmet dem im vergangegenen Jahr verstorbenen
Institutskollegen Michael Prinz einen ausführlichen Nachruf. Tagungs-
und Jahresberichte, Zeitschriftenschau und Rezensionsteil beschließen
die aktuelle Ausgabe der „Westfälischen Forschungen“.
Inhalt des 67. Bandes
* Harald Wixforth: Einleitung
* Barbara Frey: „… an gesandten Linnen …“ – Einblicke in ein
Bielefelder Kontokorrentbuch aus den Jahren 1768 bis 1776
* Wilfried Reininghaus: Privatbankiers in vor- und frühindustrieller
Zeit: Das Beispiel des Bankhauses Lindenkampf & Olfers in Münster
(1780-1888)
* Harald Wixforth: Agrarfinanzierung im Wandel – die Diskussion über
die Agrarfinanzierung in Westfalen in der zweiten Hälfte des 19.
Jahrhunderts
* Detlef Krause: Der Barmer Bank-Verein Hinsberg, Fischer & Comp. −
eine westdeutsche Regionalbank (1867-1932)
* Eva-Maria Roelevink/Dieter Ziegler: „Bankenmacht“ im Ruhrbergbau −
Die Disconto-Gesellschaft und die Gelsenkirchener Bergwerks-AG
1873-1904
* Frauke Schlütz: Kreditgenossenschaften in Westfalen im 19. Jahrhundert
* Christoph Kaleschke: Fluch oder Segen? Das Bielefelder Notgeld als
Instrument der Krisenintervention 1917-1924
* Tim-Lukas Weber/Harald Wixforth: Sparkassen in der
Weltwirtschaftskrise – Das Beispiel der Sparkasse Detmold
* Eberhard Illner/Michael Wilde: Eduard von der Heydt – Bankier und
Kunstsammler in einer schwierigen Zeit
* Ralf Ahrens: Westfälisches Sozialkapital und NS-Karriere – Aufstieg
und Fall des Bankiers Karl Rasche
* Harald Wixforth: Die Kreditwirtschaft in Bielefeld während des
Nationalsozialismus
* Karl-Peter Ellerbrock: Konsumentenkredit und „Soziale
Marktwirtschaft“: Zum Wandel des Sparkassenbildes und des
geschäftspolitischen Denkens in der Sparkassenorganisation – Das
Beispiel der Stadtsparkasse Witten
* Daniel Sobanski: Genossenschaftsbanken im Umbruch – Der
Konzentrationsprozess westfälischer Kreditgenossenschaften in den
1960er und 1970er Jahren
STAAT, PROVINZ UND SCHIFFFAHRT
* Olaf Schmidt-Rutsch: Jugendfürsorge auf See. Die ‚Westfälischen
Provinzial-Ausbildungsschiffe’ in Emden
* Eckhard Schinkel: „Monopol“ – der staatliche Schleppbetrieb auf den
westdeutschen Kanälen
WEITERE BEITRÄGE
* Wilfried Reininghaus/Thomas Kaling: Die Kartierung von
Industriestandorten seit dem 18. Jahrhundert − das Beispiel Menden
im Historischen Atlas westfälischer Städte. Historische
Wirtschaftskarten in Westfalen seit 1804
* Philipp Koch: Zwangsarbeitende Kriegsgefangene in westfälischen
Arbeitslagern und Außenkommandos im Ersten Weltkrieg –
Forschungsansätze und Thesen
* Sarah Thieme: Vorbildhafte Verstorbene? Die Rolle der „deutschen
Jugend“ innerhalb des nationalsozialistischen Märtyrerkultes im
Ruhrgebiet
* Franziska Rohloff: Europaorganisationen im Münsterland in der
Nachkriegszeit
* Helena Kürten: „Gastarbeiterinnen im wilden Streik“. Zur Wahrnehmung
von Arbeit, Migration und Geschlecht im Mediendiskurs der
Bundesrepublik am Beispiel der rheinischen und westfälischen
Metallindustrie
NACHRUF
Karl Ditt: Michael Prinz (1952-2016) – Bielefelder Sozialgeschichte in
der Weiterentwicklung
TAGUNGSBERICHTE
* Agnes Weichselgärtner: „Migration – Kulturtransfer –
Erinnerungskultur“, Jahrestagung des Brauweiler Kreises für Landes-
und Zeitgeschichte e.V., Duisburg 9.-10. März 2017
* David Merschjohann: „Briten in Westfalen. Begegnungen – Beziehungen
– Geschichte“, Paderborn 9.-11. März 2017
JAHRESBERICHTE des LWL-Instituts für westfälische Regionalgeschichte und
der wissenschaftlichen Kommissionen
ZEITSCHRIFTENSCHAU / BUCHBESPRECHUNGEN
Ausgewählte Beiträge zur geschichtlichen Landeskunde Westfalens in
Periodika des Jahres 2016 sowie ausführliche Rezensionen neuer Werke zur
Landes- und Regionalgeschichte in Westfalen
Eine Nachricht der E-Mailing-Liste „Westfälische Geschichte“ – Teil des
Internet-Portals „Westfälische Geschichte“ – (C)opyright:
Internet-Portal „Westfälische Geschichte“
(www.westfaelische-geschichte.lwl.org) vom 14.12.2017