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Neuerscheinung
Forschungsergebnisse zu Haus Horst in Gelsenkirchen
Zwei Neuerscheinungen des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL)
beschäftigen sich mit Haus Horst in Gelsenkirchen. Es ist einer der
ältesten und bedeutendsten Renaissancebauten Westfalens. Nach
archäologischen Untersuchungen der LWL-Archäologie für Westfalen und
umfangreicher interdisziplinärer Forschungen haben die Autor:innen die
Entwicklung dieses ungewöhnlichen Platzes über 900 Jahre jetzt unter dem
Titel „Forschungen zu Haus Horst in Gelsenkirchen“ umfassend beschrieben.
Haus Horst war im Laufe seiner mehrere hundert Jahre währenden
Geschichte etlichen Widrigkeiten ausgesetzt, die von Konflikten durch
wechselnde Herrschaftsinteressen bis hin zu mehrfachen Zerstörungen
durch Brände reichten. Die Geschichte dieses Ortes lässt sich weit in
die Vergangenheit zurückverfolgen, deutlich weiter als es die
Schriftquellen erlauben.
Es stellte sich heraus, dass nach einer Hofstelle aus dem 12.
Jahrhundert auf diesem Platz eine Motte, also eine Turmhügelburg, stand,
die von einer Wasserburg abgelöst wurde, die wiederum schließlich dem
Renaissanceschloss wich. Diese ungewöhnlich komplexe Entwicklung wird
jetzt in den neuen Publikationen in der Reihe „Denkmalpflege und
Forschung in Westfalen“ vorgestellt. „Ich freue mich sehr, dass mit den
vorliegenden Bänden ein großes Projekt einen erfolgreichen Abschluss
gefunden hat“, sagt LWL-Chefarchäologe Prof. Dr. Michael Rind. „Dieser
wichtige Fundplatz ist in einem Atemzug mit Stätten wie der Paderborner
Pfalz oder der Münsteraner Domburg zu nennen“, so der Direktor der
LWL-Archäologie für Westfalen und Herausgeber der Publikationen weiter.
/Band 1 – Befunde und Fundmaterialien/
In Band 1 mit den „Befunden und Fundmaterialien“ haben die Autor:innen
Dr. Andreas Haasis-Berner, Dr. Cornelia Kneppe, Dr. Hans-Werner Peine
und Prof. Dr. Ralph Röber für diese bauliche Entwicklung sechs Phasen
herausgearbeitet. Ihren Höhepunkt fand die Entwicklung mit der
Errichtung eines Schlosses, einer Vierflügelanlage mit vier
vorspringenden Ecktürmen. Baumeister war von 1558 bis 1567 Arnt
Johannsen, Stadtbaumeister aus Arnheim. So lassen sich enge stilistische
Bezüge in die Niederlande zum Beispiel durch den Fassadendekor im Stil
des niederländischen Manierismus erkennen.
/Band 2 – Kirche und Kirchhof/
In Band 2 stehen der Kirchhof und die Burgkapelle im Fokus, zu der weder
bildliche noch kartografische Quellen überliefert sind. Anhand der
Ausgrabungsergebnisse konnte der inzwischen verstorbene Autor Dr. Alfred
Pohlmann ihre Entwicklung von einer Holzkirche im 12. Jahrhundert bis zu
ihrem Abriss 1753/1754 rekonstruieren. Demnach stand sie inmitten der
Vorburg als freistehender Solitär – ein Bautyp, der in Westfalen ebenso
selten vorkommt wie das Patrozinium (Schutzherrschaft eines Heiligen
über eine Kirche, ein Bistum oder eine Gemeinde) des heiligen Hippolytus.
Material für einen direkten Vergleich bietet ein Katalog mit allen
mittelalterlichen Burgkirchen, Burgkapellen und Pfalzkapellen in
Westfalen. Mehr als 18 Generationen bestatteten auf dem Friedhof rund um
die Burgkapelle 460 Verstorbene, deren Skelette von der Anthropologin
Babette Wiedmann untersucht wurden. Diese Untersuchungen runden den Band ab.
/Das Projekt – eine Mammutaufgabe/
Heute ist die Schlossanlage nur noch in Teilen erhalten. Finanzielle
Nöte, die aus dem Unterhalt der großen Schlossanlage resultierten,
sorgten in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts für einen Tiefpunkt.
Etliche Gebäudeteile waren eingestürzt oder mussten abgebrochen werden.
Die Vorburg ging in der prosperierenden Bergbausiedlung auf. Die Gräften
waren nach der Verlegung der Emscher trockengefallen und wurden
verfüllt. Der Torturm wurde abgetragen. Die Kirche war bereits 1754
verlegt worden.
Durch das Engagement des Fördervereins und der Stadt Gelsenkirchen sind
die Reste der Anlage erhalten blieben und heute für eine breite
Öffentlichkeit zugänglich. Die großen Umbaumaßnahmen zu dem heutigen
Ensemble mit der aktuellen Nutzung als Kulturzentrum, Museum,
Bürgerzentrum und Stadtteilbibliothek begannen 1988, als die Stadt
Gelsenkirchen das Schloss kaufte. Im Zuge der umfangreichen Sanierung
leitete Prof. Dr. Ralph Röber ab 1990 archäologische Untersuchungen, die
seit Mitte 1991 von Dr. Hans-Werner Peine weitergeführt wurden und bis
2005 liefen. Im Jahr 2010 wurden noch einmal zwei Schnitte im Bereich
der Vorburg angelegt.
Das Projekt hat die LWL-Archäologie für Westfalen knapp 35 Jahre
begleitet. „Die Auswertung einer gut 15 Jahre dauernden archäologischen
Untersuchung ist eine eigene Mammutaufgabe, weshalb viel Zeit vergangen
ist vom Ende der Ausgrabungen 2010 bis zur Veröffentlichung dieser
beiden letzten Bände der insgesamt fünfbändigen Reihe“, so Rind.
Bereits 2009 ist Band 3 „Die mittelalterlichen und frühneuzeitlichen
Öfen“ erschienen, Band 4 „Tierknochen aus acht Jahrhunderten“ 2010 und
Band 5 „Rechnungsbücher und Tonpfeifen“ 2014. Die älteren Bände sind
derzeit nur gedruckt beim Verlag Beier & Beran erhältlich. Die beiden
neuen Bände gibt es gedruckt beim Michael Imhof Verlag und auch online
im Open Access.
Forschungen zu Haus Horst in Gelsenkirchen. Befunde und Fundmaterialien
Andreas Haasis-Berner, Cornelia Kneppe, Hans-Werner Peine und Ralph Röber
Denkmalpflege und Forschung in Westfalen Band 49.1
Michael Imhof Verlag
Petersberg 2025
520 Seiten, 217 Abbildungen, 107 Tafeln, 6 Beilagen
ISBN 978-3-7319-1502-7 (Hardcover)
ISBN 978-3-96929-396-6 (Online)
doi.org/10.11588/propylaeum.1534
49,95 €
Forschungen zu Haus Horst in Gelsenkirchen. Kirche und Kirchhof
Alfred Pohlmann, Babette Wiedmann
Denkmalpflege und Forschung in Westfalen Band 49.2
Michael Imhof Verlag
Petersberg 2025
428 Seiten, zahlreiche Abbildungen
ISBN 978-3-7319-1503-4 (Hardcover)
ISBN 978-3-96929-397-3 (Online)
doi.org/10.11588/propylaeum.1535
49,95 €
Erhältlich über jede Buchhandlung und im Onlineshop [LWL] des Verlages.
Die älteren Bände sind für jeweils 15 Euro im Onlineshop von Beier &
Beran [JS] erhältlich:
Forschungen zu Haus Horst in Gelsenkirchen:
Band 3 „Die mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Öfen“ von Julia
Hallenkamp-Lumpe (2009)
Band 4 „Tierknochen aus acht Jahrhunderten“ von Monika Doll (2010)
Band 5 „Rechnungsbücher und Tonpfeifen“ von Carl Heinrich Lueg und
Stefan Leenen (2014)