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Neuerscheinung
Findbuch zum Bestand Dortmund-Hörder Hüttenunion AG und Vorläuferunternehmen (1841–1966)

Dietmar Bleidick (Bearbeiter), Manfred Rasch und Andreas Zilt (Hg.):
Findbuch zum Bestand Dortmund-Hörder Hüttenunion AG und
Vorläuferunternehmen (1841–1966), Band I und II, Aschendorff Verlag,
Münster 2020, 1.291 Seiten, ISBN 978-3-402-24657-3, 29,90 €

Zwischen 1951 und 1966 war die Dortmund-Hörder Hüttenunion AG (DHHU)
neben dem Hoesch-Konzern das zweite große Unternehmen der Dortmunder
Stahlindustrie. Das Unternehmen umfasste mit den Werken in Dortmund und
Hörde zwei Werksbereiche, die bereits in den 1840er- bzw. 1850er-Jahren
als Gesellschaften entstanden waren, aber beide bereits vor dem Ersten
Weltkrieg ihre Eigenständigkeit verloren hatten. Mit der Fusion von DHHU
und Hoesch AG 1966 war von den einst zahlreichen selbstständigen
Unternehmen der Eisen- und Stahlindustrie im Dortmunder Raum nur noch
eines übriggeblieben. Und mit der Verschmelzung der Hoesch AG auf die
Fried. Krupp AG zur Fried. Krupp AG Hoesch-Krupp endete 1992 die
Geschichte der selbstständigen Dortmunder Stahlindustrie komplett.

Die Überlieferung der einzelnen Unternehmen ist sowohl quantitativ als
auch qualitativ äußerst heterogen. Vielfach sind nur fragmentarische
Reste der angesichts der Größe der Gesellschaften und des Zeitraums
ihres Bestehens einstmals umfangreichen Aktenbestände erhalten. Dies
hängt einerseits mit dem Stellenwert zusammen, der den Unterlagen von
den Zeitgenossen in unternehmenshistorischer Perspektive und in Hinblick
auf die zeitgenössische Geschäftstätigkeit beigemessen wurde,
andererseits aber auch mit den zahlreichen Fusionen und Wandlungen in
den Unternehmensstrukturen, die wahrscheinlich regelmäßig zur Kassation
umfangreicher Teilbestände geführt haben. Erhalten sind vor allem Akten
des kaufmännischen Bereichs, der Unternehmensleitung und aus den
Rechts-, Bau- und Grundstücksabteilungen. Einen weiteren Schwerpunkt
bilden die Unterlagen der Personalabteilungen.

Im Rahmen einer befristeten Anstellung im Thyssen-Konzernarchiv hat der
Historiker Dietmar Bleidick 2005/2006 den umfangreichen Quellenfundus
erfasst und verzeichnet. Für die erst vor wenigen Wochen erfolgte
Herausgabe des Findbuchs hat er das Material nochmals gesichtet und mit
zwei ausführlichen Beiträgen – „Vom Hoerder Verein zur Dortmund-Hörder
Hüttenunion“ (S. 3-77) und „Zur Überlieferung des Bestands DHHU“ (S.
77-97) – eingeordnet und bewertet.

Die Überlieferung des Hoerder Vereins bildet mit einem Umfang von rund
20 Prozent des Gesamtbestands mit mehr als 7.100 Verzeichnungseinheiten
nicht nur einen der größten Teilabschnitte der Überlieferung, sondern
auch den inhaltlich dichtesten und historisch wertvollsten. Von
herausragender Bedeutung sind die fast vollständig erhaltenen Akten zum
Thomas-Verfahren, deren Patente der Hoerder Verein zusammen mit den
Rheinischen Stahlwerken 1879 erwarb und in den folgenden Jahren an
zahlreiche Unternehmen in Deutschland und Österreich im Rahmen von
Unterlizenzen weitergab. Der Bestand erlaubt damit einen umfassenden
Überblick über den wohl bedeutendsten und finanziell lukrativsten
Transfer patentgeschützter Technologie im Verlauf des 19. Jahrhunderts.

Mit dem ungewöhnlich umfangreichen Findbuch sollen Wirtschafts-,
Sozial-, Unternehmens- und Technikhistoriker*innen auf einen einmaligen
Quellenfundus aufmerksam gemacht. Bearbeiter und Herausgeber möchten
damit weitere Forschungen initiieren, z. B. über die bisher kaum
erforschte Eisen- und Stahlindustrie in den 1950er und 1960er Jahren.

Bearbeiter
Dietmar Bleidick hat 1998 mit einer Arbeit über den Streit um den
preußischen Staatsbergbau im Ruhrgebiet zu Beginn des 20. Jahrhunderts
promoviert und 2018 mit der Arbeit „Ruhrgas 1926-2013. Aufstieg und
Niedergang eines Marktführers“ habilitiert, für die er u. a. mit einem
Preis beim letzten Geschichtswettbewerb des Forums Geschichtskultur
ausgezeichnet wurde. Dietmar Bleidick ist als freiberuflicher Historiker
u. a. Leiter des Historischen Archivs BP/Aral in Bochum, Schriftleiter
von „Der Anschnitt“ Zeitschrift für Montangeschichte des Deutschen
Bergbau-Museums Bochum und der Vereinigung der Freunde von Kunst und
Kultur im Bergbau e. V., Dozent an der Ruhr-Universität Bochum.

Die öffentliche Vorstellung des Findbuches ist derzeit für Mitte August
2020 geplant.