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LWL-Medienzentrum erschließt Filmsammlung des MZR

Eine andere Geschichte des Ruhrgebiets auf Video
Das Filmarchiv des LWL-Medienzentrums erschließt Filmsammlung

Das Video hatte sich als neues Filmformat gerade erst etabliert, da
gründete eine Handvoll Essener Studenten der Kunstpädagogik 1981 das
Medienzentrum Ruhr e.V. (MZR). Thomas Briele, Axel Reich, Jörg Keweloh
sowie viele weitere Mitstreiter des MZR wollten eine Alternative zur
etablierten Berichterstattung schaffen und eine Gegenöffentlichkeit
erzeugen. Sie versuchten dies durch die Bildung eines Medienkollektivs,
dessen Ziel es war, mit ihren Filmen den Betroffenen sozialer
Konfliktlagen eine Stimme zu verschaffen. Der Landschaftsverband
Westfalen-Lippe (LWL) hat die vom Verfall bedrohten Videobänder des MZR
gerettet, digitalisiert und erschlossen.

Zu Beginn standen die Friedens- und die Arbeiterbewegung, der
Umweltschutz, die Frauenemanzipation und Fragen der internationalen
Solidarität im Vordergrund, in späteren Jahren wandelte sich der Fokus
der Produktionen auf Themen wie die Integration von Flüchtlingen und
Migranten, Alter und Soziales, aber auch auf Kunst, Kultur und
Geschichte der Region. Ein besonderes Augenmerk legten die Filmemacher
auch auf den Strukturwandel im Ruhrgebiet. Zwischen 1981 und 2012 wurden
auf diese Weise über 4.500 Videobänder aufgenommen, die manchmal zu
Filmwerken zusammengeschnitten wurden, oftmals reine Dokumentation blieben.

Nach dem Tod des Gründungsmitglieds Jörg Keweloh im Jahr 2012 wurden die
Videokassetten auf einem Dachboden gelagert und drohten dort durch die
mangelhaften Lagerungsbedingungen zu zerfallen. „Hohe Temperaturen und
die Feuchtigkeit durch das teils undichte Dach hatten den Kassetten
bereits stark zugesetzt“, sagt Dr. Ralf Springer, Leiter des Bild-,
Film- und Tonarchivs des LWL-Medienzentrums. In Zusammenarbeit mit dem
MZR und dem LWL-Industriemuseum Henrichshütte Hattingen startete das
LWL-Medienzentrum 2014 eine Rettungsaktion, um zunächst alle Videos zu
digitalisieren.

Anschließend haben Mitarbeiter des LWL-Medienzentrums die
digitalisierten Filme analysiert, strukturiert und dokumentiert. In
jahrelanger Arbeit haben sie den Entstehungskontext der Filme
rekonstruiert und den Inhalt thematisch und geographisch verortet.
Hunderte der auf diese Weise erschlossenen Filme sind inzwischen in der
Textdatenbank www.filmarchiv-westfalen.lwl.org unter dem
Stichwort „MZR“ recherchierbar. In ihnen werden viele Aspekte der
jüngsten Geschichte des Ruhrgebiets aus der Perspektive der Betroffenen
sichtbar, da die Filmemacher stets die Nähe zu den Menschen gesucht
haben. „Besonders deutlich wird dies anhand der Aufnahmen von der
Betriebsbesetzung des Unternehmens Gottwald-Mönninghoff in Hattingen,
das 1984 von der Belegschaft in Eigenregie weitergeführt werden sollte“,
sagt Dirk Fey, Dokumentar im LWL-Filmarchiv. Den damals entstandenen
Film „Der Konsul ist schon lange tot“ wird das LWL-Medienzentrum mit
Unterstützung der Irene und Sigurd Greven Stiftung im kommenden Jahr neu
herausbringen.

Aber auch andere Themen sind in der Sammlung vertreten: „Der
Strukturwandel in der Region ist in den Filmen zum Beispiel an der
Entwicklung von der Industriebrache der Phoenix-Werke in Dortmund hin
zum Phoenix-See wunderbar dokumentiert“, sagt Fey. „So haben die Filme
den Abriss vieler Industrie- und Zechenkomplexe, die heute nicht mehr
existieren, festgehalten.“ Einige dieser Aufnahmen sind schon auf dem
Youtube-Kanal des LWL-Medienzentrums zu sehen sein. Noch sind die
Arbeiten nicht abgeschlossen, denn die nächste Frage berührt die
Langzeitsicherung der erhaltenswerten digitalen Dateien, die ungefähr 15
Terabyte umfassen. Im Filmarchiv wird zurzeit eine neue Archivlösung
entwickelt, damit die digitalen Daten dieses Filmbestandes auch
künftigen Generationen noch zur Verfügung stehen.

Hintergrund: Das Bild-, Film- und Tonarchiv des LWL-Medienzentrums für
Westfalen hat sich die Sicherung des audiovisuellen Erbes zur Aufgabe
gesetzt. Dabei stehen nicht professionelle Filmproduktionen im
Mittelpunkt des Sammlungskonzepts, sondern die Amateurfilme aus der
Region Westfalen-Lippe. Das Bild-, Film- und Tonarchiv des
LWL-Medienzentrums sammelt, sichert und erschließt seit 1986
audiovisuelle Quellen aus Westfalen-Lippe. Das Archiv übernimmt
Filmmaterialien aus privatem und öffentlichem Besitz, sofern sie
landeskundliche, wirtschafts- oder sozialgeschichtliche Aspekte
Westfalens veranschaulichen und erweitert seinen Bestand jährlich um
aktuelle Filmdokumentationen aus eigener Produktion. Der Gesamtbestand
umfasst inzwischen über 8.000 Film- und Tonträger. Er beginnt zeitlich
mit dem Jahr 1913 und reicht bis in die Gegenwart. Die Filme lagern
archivgerecht in Kühlräumen mit reduzierter Luftfeuchte, werden Zug um
Zug erschlossen und der Öffentlichkeit über Online-Editionen sowie in
der DVD-Reihe „Westfalen in historischen Filmen“ zugänglich gemacht
(www.westfalen-medien.lwl.org).