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Lesung
„Hab keine Angst

 „Hab keine Angst, erzähl alles!“
Lesung zur Erinnerung an das Attentat auf die Synagoge in Halle 2019

„Kein Platz für Antisemitismus“? Das wäre nicht nur für Jüdinnen und
Juden in Deutschland gut, aber auch Jahrzehnte nach Beendigung der
NS-Herrschaft gibt immer noch Antisemitismus und leider auch Anschläge
auf Synagogen, jüdische Männer und Frauen sowie Gedenkorte. Der Versuch
des Rechtsextremisten Stephan B., am 9. Oktober 2019 die am Feiertag Jom
Kippur in der Hallenser Synagoge versammelten Jüdinnen und Juden zu
ermorden, lehrt Vieles über die tödlichen Gefahren dieser untergründigen
Stimmung.

Die von der Schriftstellerin Esther Dischereit herausgegebene
Dokumentation „Hab keine Angst, erzähl alles! Das Attentat von Halle und
die Stimmen der Überlebenden“ schildert einerseits die außergewöhnliche
Straftat, zum andern aber auch einen ungewöhnlichen Strafprozess. Der
geplante Massenmord in der Synagoge in Halle und das nach dem Scheitern
erfolgte und rassistisch motivierte Ausweichen auf zwei eher zufällige
Opfer war für die jüdischen Gemeinschaften in ganz Deutschland ein
Fanal. Die Sicherheitsinteressen der jüdischen Gemeinschaften in
Deutschland werden oft nicht ernst genug genommen, und ihre Arbeit ist
ungeachtet aller Sonntagsreden weiterhin prekär.

Im nachfolgenden Prozess kamen die Stimmen der Betroffenen, von
Angehörigen der Opfer und ihren Vertreter*innen in nicht alltäglicher
Intensität zur Sprache, aus der Dokumentation ergibt sich ein bewegendes
Bild dieses Anschlags und seiner Folgen: Wer hat wie reagiert, geholfen,
weggesehen, welche Hilfen sind überhaupt möglich in einem solchen Fall?
Die Dokumentation spiegelt die Vielfalt der betroffenen Biografien und
der Reaktionen, die sich in kein Klischeebild von Jüdinnen*Juden und
Migrant*innen fügen – „Zeuginnen, nicht Opfer“.

Esther Dischereit sagte selbst über dieses Projekt: „Dieser Prozess
schlug eine Seite auf, die so bisher im Blick der politischen
Akteur*innen nicht oder zu wenig gesehen wurde. Zeugenschaft geht weit
über die Ermittlungstatbestände hinaus. Es bedeutet Raum nehmen und
selbst sprechen und nicht unterbrochen werden. Das Zuhören spielt eine
Rolle. Wir brauchen die Betroffenen als Expert*innen und Zeug*innen
nicht nur für gesonderte Veranstaltungen, sondern vor Gericht (…) Sie
zeigen uns, wie wir uns von der Dämonisierung des Bösen befreien können.
Es ist trostreich zu sehen, dass der Täter sie eben nicht zerstören
konnte; er konnte auch nicht erreichen, dass sie ihr „Jüdisch- oder
Muslimischsein“ aufgeben. Im Gegenteil: sie blieben jüdisch, und ihre
Gebundenheit gibt ihnen Stärke.“

Die Lyrikerin, Essayistin, Erzählerin und Theaterautorin Prof. Esther
Dischereit stellt Grundzüge der Dokumentation am *Montag, 11. September
um 19.30 Uhr* im Jüdischen Museum Westfalen (Dorsten) vor. Der Abend
findet unter der Schirmherrschaft der Antisemitismusbeauftragten des
Landes Nordrhein-Westfalen statt. Der Eintritt ist frei.

JÜDISCHES MUSEUM WESTFALEN
Julius-Ambrunn-Str. 1, 46282 Dorsten
www.jmw-dorsten.de <www.jmw-dorsten.de/>