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Verleihung des Margot Spielmann-Preises 2019

Jugendgeschichtspreis des Jüdischen Museums Westfalen in Dorsten

Auch bei der elften Auflage des Margot Spielmann-Preises, ausgeschrieben vom
Jüdischen Museum Westfalen, war die Resonanz gut. Neben mehreren Projekten,
die zum Wettbewerb eingereicht wurden, erreichten auch elf Facharbeiten mit
Themen zur jüdischen Geschichte, Religion und Gegenwart sowie zur
NS-Geschichte von Schülerinnen und Schüler der Oberstufen aus NRW die Jury.

Mit dem Margot Spielmann-Preis für Projekte werden in diesem Jahr zwei
Schulen aus Herten ausgezeichnet: die Martin-Luther-Europaschule und das
Städtische Gymnasium. Beide Schulen haben mit spannenden und ambitionierten
Projekten die Holocaust-Gedenkveranstaltungen in Herten 2018 und 2019
gestaltet. Mit einer Mischung aus szenischer Lesung und kurzen gespielten
Szenen unter dem Titel „Schau hin! Misch dich ein! Sage nein!“ setzte das
Städtische Gymnasium im Januar dieses Jahres ein mächtiges Zeichen gegen das
Vergessen.

Auch die Schülerinnen und Schüler der Martin-Luther-Europaschule hatten zum
Holocaust-Gedenktag 2018 eine beeindruckende Veranstaltung vorbereitet. Auf
einer Bühne konfrontierten sie die Besucher mit Erinnerungen an die
Verbrechen der Nazis. In Ausdruckstänzen zeigten die Jugendlichen wie
jüdische Mitmenschen denunziert, gedemütigt, deportiert und ermordet wurden.
Hinzu kamen Kunstinstallationen in den Räumen der Veranstaltung.

Ein weiterer Projektpreis geht an eine ehemalige Schülerin des Städtischen
Gymnasiums Löhne. Ihr Projekt befasst sich mit der Flucht und der
Vertreibung vieler Deutscher 1945 aus Schlesien. Aus verschiedenen
Zeitzeugenporträts entwickelte Luise Hönig ein Theaterstück, das sie mit
Schauspieler*innen des Jugendclubs des Herforder Stadttheaters auf die Bühne
brachte.

Der Entscheidung für die drei Einzelpreisträger ging eine intensive Sichtung
der Arbeiten und Diskussion voraus, da in diesem Jahr alle Arbeiten auf
einem guten Niveau lagen. Ein Preis geht an Josef Tewinkel vom Gymnasium
Remigianum in Borken. Für seine Facharbeit „Überzeugte Kampfbereitschaft von
Anfang bis Ende? Exemplarische Untersuchung der Einstellung deutscher
Soldaten im Zweiten Weltkrieg anhand von Feldpostbriefen, Tagebucheinträgen
und Zeitzeugenberichte“ konnte er Briefe und Aufzeichnungen seines
Großonkels untersuchen, die dieser über vier Jahre bis zu seinem Tod im
November 1943 an seine Familie geschickt hatte.

Eine weitere Preisträgerin, Luca Julie Kuhlmann, kommt aus Dorsten, wo sie
das Gymnasium St. Ursula besucht. In ihrer in englischer Sprache verfassten
Arbeit „Kindertransport in Retrospective: Experience of Exile“ befasst sie
sich mit dem Leben und dem Schicksal zweier Frauen, die als Kinder mit den
sogenannten Kindertransporten nach England gerettet werden konnten.
Höhepunkte ihrer Rechechen waren für Luca Julie Kuhlmann die Interviews mit
Angehörigen der beiden Frauen und vor allem eine persönliche Begegnung mit
ihnen.

Die dritte Preisträgerin, Gabriela Kiedrzyn, hat ihre Facharbeit
„Solidarität der polnischen Bevölkerung mit Juden im Zweiten Weltkrieg“ am
Gymnasium Georgianum in Vreden geschrieben. In ihrer Arbeit befasst sie sich
mit der Geschichte der polnischen Stadt Rzeszow, in der sie ihre Kindheit
verbracht hat. Im Mittelpunkt steht die Geschichte einiger jüdischer
Familien und ihrer nicht-jüdischen Helfer, die alle nach der Entdeckung auf
offener Straße von deutschen Soldaten und polnischen Polizisten erschossen
wurden, Männer, Frauen und Kinder. Die Schülerin war zweimal für je eine
Woche in Polen und konnte dort in Archiven und Museen recherchieren.

Margot Spielmann-Preis für Facharbeiten:

Luca Julie Kuhlmann: Kindertransport in Retrospective: Experience of Exile
(aus Dorsten)

Josef Tewinkel: Überzeugte Kampfbereitschaft von Anfang bis Ende?
Exemplarische Untersuchung der Einstellung deutscher Soldaten im Zweiten
Weltkrieg anhand von Feldpostbriefen, Tagebucheinträgen und
Zeitzeugenberichte (aus Borken)

Gabriela Kiedrzyn: Solidarität der polnischen Bevölkerung mit Juden im
Zweiten Weltkrieg (aus Vreden)

Margot Spielmann-Preis für Projekte:

Luise Hönig, „Boys, go home!“ Heimatvertriebene 1945. Ein Theaterstück.

Städtisches Gymnasium Herten, „Schau hin! Misch dich ein! Sage nein!“ Eine
Veranstaltung zum Holocaust-Gedenktag 2019 in Herten.

Martin-Luther-Europaschule Herten, Gestaltung der Gedenkfeier zum
Holocaust-Gedenktag 2018 in Herten.

Wer war Margot Spielmann?

Margot war ein jüdisches Mädchen aus Gelsenkirchen, geboren am 21. Mai 1926.
1942 wohnte sie mit ihrer Mutter Luise Kopf, dem Stiefvater Curt Kopf und
ihrer Großmutter Henriette Breuer in einem sogenannten Judenhaus in der
Augusta¬straße 7 in Gelsenkirchen.

Luise und Curt Kopf versuchten, zusammen mit ihrer Tochter Margot in das
unbesetzte Frankreich zu fliehen, wurden aber auf der Flucht verhaftet. Das
schwer zuckerkranke Mädchen erlitt einen Schock und kam in ein Krankenhaus
in Mülhausen, während ihre Eltern getrennt und deportiert wurden. Ihre
Mutter saß bis zu ihrer Deportation im Gefängnis in Münster ein. Margot
verblieb im Krankenhaus in Mülhausen. Dort verstarb sie vermutlich im
Spätherbst 1942. Die behandelnde Ärztin teilte später mit, dass Margot – vor
ihrem Abtransport – in ein tiefes Koma gefallen sei. Man habe sich im
Krankenhaus absichtlich nicht mehr um die Rettung bemüht, um ihr Deportation
und Ermordung zu ersparen.

Das Jüdische Museum Westfalen stellt in seiner Dauerausstellung Leben und
Schicksal von Margot Spielmann vor. Dazu gehört auch ein Poesiealbum aus
ihrem Besitz. Unter den Eintragungen finden sich die Namen weiterer junger
Mädchen, die ebenfalls deportiert und ermordet wurden. Mit der Benennung des
Jugendgeschichtspreises nach Margot Spielmann möchten wir die Erinnerung an
sie und viele andere Jugendliche aus der Region wachhalten.

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JÜDISCHES MUSEUM WESTFALEN

Julius-Ambrunn-Str. 1, 46282 Dorsten

www.jmw-dorsten.de <www.jmw-dorsten.de/>