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„Digitaler Menschen im Bergbau“ online

„Digitaler Gedächtnisspeicher: Menschen im Bergbau“ online

Die Schließung der letzten deutschen Steinkohlenzechen in Bottrop und
Ibbenbüren Ende 2018 bedeutet in vielfacher Hinsicht eine Zäsur. Der
industrielle Steinkohlenbergbau hat auf die Gestalt und Entwicklung
seiner regionalen Umgebung in einem Maße Einfluss genommen wie kaum ein
anderer Industriezweig. Er dominierte die jeweilige regionale
Wirtschaftsstruktur und den Arbeitsmarkt, er veränderte Umwelt und
Landschaftsgestalt in seinen Förderregionen dauerhaft, er schuf ganz
spezifische Arbeitswelten und regionale Gesellschaften, und er prägte
die Identität von Menschen und Regionen in besonderer Weise. Der
Steinkohlenbergbau entfaltete so eine historische Wirkmächtigkeit für
seine regionale Umgebung, die das Ende seiner Fördertätigkeit um lange
Zeit überdauern wird.

Zu fragen ist allerdings, wie die Menschen vor Ort, also die
historischen Akteure selbst, diese vielfältigen Entwicklungen erlebt
haben und rückblickend einschätzen. Hier setzt das gemeinsam vom
Deutschen Bergbau-Museum Bochum/montan.dok und von der Stiftung
Geschichte des Ruhrgebiets getragene Oral-History-Projekt „Digitaler
Gedächtnisspeicher: Menschen im Bergbau“ an. In einem Zeitraum von drei
Jahren wurden 80 lebensgeschichtliche Interviews zusammengetragen,
vorrangig im Ruhrgebiet, aber auch in anderen Revieren wie in Aachen,
Ibbenbüren und im Saarland.

„Menschen im Bergbau“ sind Menschen, die nach 1945 im Steinkohlenbergbau
gearbeitet haben oder deren Lebensumfeld vom Steinkohlenbergbau geprägt
worden ist: der Kohlenhauer, der aus einer alten Bergarbeiterfamilie
stammt, der Flüchtling oder Heimatvertriebene, der sich nach 1945 im
Steinkohlenbergbau eine neue Existenz aufbaute, der türkische Migrant,
der in den 1960er Jahren als „Gastarbeiter“ angeworben und bald zum
Stammarbeiter wurde, die Mütter, Ehefrauen und Töchter aus
Bergarbeiterfamilien, der Betriebsrat, der Gewerkschaftsfunktionär, der
Zechendirektor, der Unternehmensmanager, der Beamte aus der staatlichen
Bergbauaufsicht oder der frühverrentete „Bergbauinvalide“. Durch diese
generationelle und funktionale Differenzierung ergibt sich ein
facettenreiches Bild der komplexen Strukturen und Entwicklungen, denen
der Steinkohlenbergbau von 1945 bis 2018 ausgesetzt war. Die
individuellen Erinnerungen sind damit Bausteine zu einer Erfahrungs- und
Wahrnehmungsgeschichte des Bergbaus der Jahrzehnte seit 1945, die
zugleich eingebettet ist in die Geschichte des gesellschaftlichen
Wandels in der Bundesrepublik allgemein.

*www.menschen-im-bergbau.de*