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Internationale Tagung „Materielle Kulturen des Bergbaus / Material Cultures of Mining“

Call for Papers „Materielle Kulturen des Bergbaus“

Die vieltausendjährige Geschichte des Bergbaus ist per se eine
Geschichte von Artefakten, mit der sich insbesondere die
bergbauarchäologische Forschung befasst. Mit der Zunahme schriftlicher
Quellen geriet die materielle Überlieferung jedoch in den Hintergrund.
Dies gilt vor allem für die Geschichte des industriellen Bergbaus des
19. und 20. Jahrhunderts, die sich vornehmlich auf Schriftquellen
stützt. So gibt es bislang kaum methodisch reflektierte Ansätze, das
materielle und museal überlieferte Bergbauerbe für eine
montanhistorische Geschichtsschreibung fruchtbar zu machen.

Die Forschungsobjekte sind dabei immer wieder in der Ambivalenz von
Materialität und Bedeutungszuweisungen zu hinterfragen. Ebenso sind sie
als Artefakte in ein Netzwerk von Mensch-Ding-Beziehungen eingebunden,
das sich etwa in einem spezifischen Gebrauchswissen widerspiegelt.
Objekte sind aus diesem Grund nicht statisch und autonom, sondern als
„temporary bundles of matter, energy and information“ (Hodder) ständig
in Bewegung. Blickt man von hier aus auf die für die Archäologie
typische Objektüberlieferung über Fundstellen, so stehen historische
Artefakte als „assemblages“ in einem Kontext synchroner und diachroner
Beziehungen sowohl zwischen Dingen untereinander als auch in ihren
Gebrauchs-Beziehungen zum Menschen.

Zugleich besitzen Objekte eine materiell begründete Funktionalität. So
können etwa experimentell ausgerichtete Rekonstruktionen Auskunft über
Herstellungsverfahren und Praktiken des Gebrauchs geben. Auch die in der
Archäologie verbreitete Beschäftigung mit Gebrauchsspuren basiert auf
einer primären Materialität der Objekte. Zudem muss eine Forschung mit
Objekten nicht zwangsläufig das besondere Einzelobjekt im Blick haben:
Gruppen aufeinander bezogener Objekte können durch eine Analyse von
Gemeinsamkeiten und Unterschieden bzw. Entwicklungsreihen für das
Einzelobjekt von Bedeutung sein.

Das Ziel der Tagung ist es, neuere Ansätze der Material Culture Studies
methodisch zu reflektieren und auf die jüngere Geschichte des Bergbaus
anzuwenden. Angesprochen sind hier neben Bergbauhistorikerinnen und
Bergbauhistorikern insbesondere Vertreterinnen und Vertreter aus der
Technik- und Wissenschaftsgeschichte, der Zeitgeschichte, der Museologie
und der Archäologie.

Die Beiträge sollten sich nach Möglichkeit in einem der folgenden
Themenbereiche verorten lassen:
•    Wissensobjekte
Bergbauobjekte sind z. B. Teil der bergmännischen Ausbildung, bei der
sie etwa in Lehre und Forschung in Form von Modellen zum Einsatz kamen.
Zu fragen ist nach der Überlieferung dieser und ähnlicher Objekte und
ihrer Rolle innerhalb einer wissensbezogenen Geschichte des Bergbaus.
Hierzu gehört ebenso die Wissensvermittlung in musealen Kontexten, die
etwa in der Aufstellung von Dioramen und der Errichtung von
Anschauungsbergwerken ablesbar ist.
•    Gedächtnisobjekte
Objekte wie Bergbaufahnen oder figürliche bzw. bildliche Darstellungen
der Heiligen Barbara stehen oft im Spannungsverhältnis persönlicher
Erinnerungen und einer branchenbezogenen Gedächtniskultur. Zu fragen
wäre hier nach den institutionellen Rahmenbedingungen, in denen sich das
Sammeln, die Präsentation und die Umdeutung dieser Objekte vollziehen.
Zugleich geht es um die mit ihnen verbundenen bergbauspezifischen
Erzählungen und Geschichtskonstruktionen.
•    Alltagsobjekte
Gemeint sind hier im Kern Gebrauchsgegenstände und Massenprodukte. Als
serielle und normierte Objekte stehen sie etwa als Kunststoff-Schutzhelm
für einen bestimmten Sicherheitsstandard im Bergbau. Welche Rolle
spielen diese Objekte in der Geschichte des Bergbaus und wie lassen sie
sich etwa im Spannungsverhältnis von Standardisierung und Normierung
einerseits und alltäglichem Gebrauch andererseits beschreiben?
•    Technische Objekte
Die Bergbautechnik gehört zum Kernbestand vieler historisch
ausgerichteter Sammlungen. Das Spektrum reicht hier von Werkzeugen und
Maschinen bis hin zu erhaltenen Bauwerken über und unter Tage. Eine
Frage könnte hier beispielsweise lauten, welche Rolle bestimmte
Materialien wie Kunststoff oder Aluminium bei ihrer Entwicklung und
Herstellung spielten.

Die internationale Tagung „Materielle Kulturen des Bergbaus / Material
Cultures of Mining“ findet vom 05. bis 07. Dezember 2019 im Deutschen
Bergbau-Museum Bochum statt. Veranstalter der Tagung ist das
Montanhistorische Dokumentationszentrum (montan.dok) des Deutschen
Bergbau-Museums Bochum. Die Tagungssprachen sind Deutsch und Englisch.

Abstracts im Umfang von max. 500 Wörtern und ein CV werden bis zum 15.
Juni 2019 erbeten an Dr. Stefan Siemer (stefan.siemer@bergbaumuseum.de).
Die Entscheidung über Annahme oder Ablehnung des Vorschlags erfahren die
Einsenderinnen und Einsender bis zum 15. Juli 2019. Die Reise- und
Übernachtungskosten der Vortragenden können vom Veranstalter übernommen
werden. Eine Veröffentlichung der Tagungsbeiträge ist geplant.

Literatur:
Breidbach, Olaf (Hrsg.): Experimentelle Wissenschaftsgeschichte,
München/Paderborn 2010 (= Laboratorium Aufklärung, 3).
Daston, Loraine (Hrsg.): Things That Talk. Object Lessons from Art and
Science, New York 2004.
Hodder, Ian: Entangled. An Archaeology of the Relationships between
Humans and Things, New York 2012.
Joyce, Rosemary/Pollard, Joshua: Archaeological assemblages and
practices of deposition, in: Hicks, Dan/Beaudry, Mary C. (Hrsg.): The
Oxford Handbook of Material Culture Studies, Oxford 2010, S. 291-309.
LeCain, Timothy J.: The Matter of History. How things create the past,
Cambridge 2017.
Ludwig, Andreas: Materielle Kultur, Version: 1.0, in:
Docupedia-Zeitgeschichte, 30.05.2011, unter:
docupedia.de/zg/ludwig_materielle_kultur_v1_de_2011 (Stand:
19.09.2018).

Kontakt:
Dr. Stefan Siemer
Deutsches Bergbau-Museum Bochum
Montanhistorisches Dokumentationszentrum (montan.dok)
Am Bergbaumuseum 28
44791 Bochum
stefan.siemer@bergbaumuseum.de
+49 (0) 234 5877 158

Veranstaltungsort:
Deutsches Bergbau-Museum Bochum
Am Bergbaumuseum 28, 44791 Bochum

Veranstalter:
Montanhistorisches Dokumentationszentrum (montan.dok)
Deutsches Bergbau-Museum Bochum

Das Tagungsprogramm und Informationen zu den Anmeldemodalitäten
entnehmen Sie bitte zeitnah unserer Website:
www.bergbaumuseum.de/materielle-kulturen

Stand: April 2019