Mailingliste

Ausschreibung
Promotionen Demokratie und Geschlecht

*Konflikte um die Ordnung der deutschen Gesellschaft im 20. Jahrhundert
*
Verbundprojekt des Instituts für Zeitgeschichte München/Berlin, der
Westfälischen Wilhelms-Universität Münster und der Ruhr-Universität
Bochum (Gerda-Henkel-Stiftung)

In der Fakultät für Geschichtswissenschaften an der Ruhr-Universität
Bochum und am Historischen Seminar der WWU Münster sind spätestens zum
01.09.2022 zwei Promotionsstipendien für jeweils 36 Monate zu vergeben,
von denen eines in Bochum und eines in Münster angesiedelt sein wird.
Die Vergütung beträgt 1.600 E / Monat.

Für die Demokratie im Deutschland des 20. Jahrhunderts ist die Spannung
zwischen staatsbürgerlicher Gleichheit und kultureller wie sozialer
Differenz konstitutiv. Für dieses Spannungsfeld ist die Kategorie
„gender“ grundlegend, weil für die moderne Demokratie lange das männlich
gedachte Subjekt als Träger der politischen Freiheits- und
Gleichheitsansprüche galt. In den Massendemokratien des 20. Jahrhunderts
verschärften sich die daraus erwachsenden Widersprüche: zwischen
rechtlicher Gleichheit und sozialer Diskriminierung, zwischen
politischer Freiheit und kulturellen Ausschlüssen, zwischen
repräsentativen und partizipativen Demokratieentwürfen. Die Bedeutung
dieser Widersprüche nahm in dem Maße zu, in dem Demokratie zur
Lebensform wurde. Teilprojekt 1 des von der Gerda-Henkel-Stiftung
finanzierten Verbundprojektes ist am Institut für Zeitgeschichte in
München angesiedelt und wird von einer Postdoktorandin geleitet. Es
erforscht Geschlechterordnungen in ländlichen Räumen der Weimarer
Republik. Die beiden zu vergebenden Promotionsstipendien sollen dagegen
folgende Themen bearbeiten:

Teilprojekt 2: *Antifeminismus in der BRD von den 1950er bis in die
1990er Jahre*

Westfälische Wilhelms-Universität Münster (Prof. Dr. Isabel Heinemann)

Dieses Promotionsprojekt behandelt Konjunkturen, Akteur*innen, Themen
und Praktiken anti-feministischen Aktivismus von den 1950er bis in die
1990er Jahre. Die Geschichte des Antifeminismus in der BRD stellt ein
Forschungsdesiderat dar, welches das Spannungsverhältnis zwischen
Demokratiekonzepten und Vorstellungen ’natürlicher‘
Geschlechtscharaktere beispielhaft verdeutlicht. Nach 1945 verstanden
sich zahlreiche Akteur*innen aus konservativen Frauenverbänden,
Sozialwissenschaften, Kirchen und Parteien als Demokrat*innen, beharrten
jedoch auf einer traditionellen Geschlechterordnung. Antifeministisches
Engagement wurde in gesellschaftlichen Debatten um politisch-rechtliche
Gleichberechtigung, um reproduktives Entscheiden, um die Erwerbsarbeit
von Frauen und Gewalt gegen Frauen sichtbar. Hier setzt das Projekt an,
um die konfliktreichen Verständigungen über die Reichweite von
Demokratisierung beispielhaft zu untersuchen.

45.000 Studierende, 8.000 Beschäftigte in Lehre, Forschung und
Verwaltung, die gemeinsam Zukunftsperspektiven gestalten – das ist die
Westfälische Wilhelms-Universität (WWU). Eingebettet in die Atmosphäre
der Stadt Münster mit ihrer hohen Lebensqualität zieht sie mit ihrem
vielfältigen Forschungsprofil und attraktiven Lehrangeboten Studierende
und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus dem In- und Ausland an.

Teilprojekt 3: *Transnationale Politiken in der Diaspora: Exilantinnen
in der Bundesrepublik zwischen 1967 und 1989*

Ruhr-Universität Bochum (Prof. Dr. Sandra Maß)

Politisch verfolgte Frauen, die in der Bundesrepublik Deutschland Asyl
beantragten, stehen bislang nicht im Fokus der westdeutschen
Demokratiegeschichte. Die ethnisch und politisch heterogene Diaspora
trug jedoch wesentlich zu der bundesrepublikanischen
Fundamentalpolitisierung seit den 1960er Jahren bei. Transnationale
Politik war das Markenzeichen dieser Exilant*innen. Das
Dissertationsprojekt betrachtet das Spannungsfeld zwischen Demokratie
und Geschlecht als transnationale und intersektionale Konfliktgeschichte
der Bundesrepublik Deutschland. Es untersucht, welche Praktiken und
Semantiken des Politischen die Migrantinnen aus ihren Herkunftsländern
in die Bundesrepublik transferierten, wie sie in der politischen
Öffentlichkeit intervenierten und sich in Deutschland als politische
Subjekte inszenierten. Abhängig von den Sprachkenntnissen der/des
Promovend*in sollen zwei ethnische Migrationsgruppen untersucht werden.

Die Ruhr-Universität Bochum (RUB) ist eine der führenden
Forschungsuniversitäten in Deutschland. Als reformorientierte
Campusuniversität vereint sie in einzigartiger Weise die gesamte
Spannbreite der großen Wissenschaftsbereiche. Das dynamische Miteinander
von Fächern und Fächerkulturen bietet den Forschenden wie den
Studierenden gleichermaßen besondere Chancen zur interdisziplinären
Zusammenarbeit.

Trägerstruktur für das Projekt ist der am Institut für Zeitgeschichte
angesiedelte Arbeitskreis „Demokratie und Geschlecht“. Der AK macht den
Bearbeiter*innen ein hohes Maß an Expertise, Forschungserfahrung und
Beratungskompetenz zugänglich. Ein regelmäßiger, online abgehaltener
Jour fixe integriert diese dezentrale Projektstruktur auf der
Arbeitsebene. Hinzu kommen die beiden jährlichen Arbeitstreffen des AK
„Demokratie und Geschlecht“. Die Bearbeiter*innen werden zudem im ersten
Jahr der Förderung zweiwöchige Fellowships an den anderen Standorten
wahrnehmen.

Einstellungsvoraussetzungen sind ein sehr guter Abschluss eines
geschichtswissenschaftlichen Masterstudiums, Interesse an
geschlechterhistorischen Perspektiven und die Bereitschaft im Projekt
mit den Partner*innen zusammenzuarbeiten. Für das Teilprojekt 3 sind
nachweisbare Sprachkenntnisse in mindestens einer der relevanten
Migrationsgruppen erforderlich (u.a. Persisch, Türkisch, Kurdisch,
Griechisch, Spanisch).

Wir wollen besonders die Karrieren von Frauen und People of Colour in
den Bereichen, in denen sie unterrepräsentiert sind, fördern und freuen
uns daher sehr über entsprechende Bewerbungen sowie über die von
nichtbinären und genderqueeren Bewerber*innen. Auch die Bewerbungen
geeigneter schwerbehinderter und gleichgestellter Bewerberinnen und
Bewerber sind sehr willkommen.

Bewerbungen mit den üblichen Unterlagen (Anschreiben, Werdegang,
Studiennoten, Zeugnisse/Urkunden) werden bis zum 26. Februar 2022
ausschließlich per eMail in einer pdf-Datei erbeten an Prof. Dr. Sandra
Maß (sandra.mass@rub.de) und an Prof. Dr. Isabel Heinemann
(isabel.heinemann@uni-muenster.de). Nachfragen richten Sie bitte an
dieselben Adressen.