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Bildbestand Trümmer und Aufbruch

*Trümmer und Aufbruch
Foto-Sammlung Schnitkemper bietet einzigartigen Blick auf die
Nachkriegszeit*

Münster/Recklinghausen/Köln (lwl). Wie sahen westdeutsche Großstädte
aus, als sie nach dem Zweiten Weltkrieg in Trümmern lagen – und wie
begann das neue Leben in den Ruinen? Das zeigt in Stereoaufnahmen aus
Köln, Münster und Recklinghausen die Foto-Sammlung Schnitkemper, die der
Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) gemeinsam mit der Kölner Irene
und Sigurd Greven Stiftung jetzt der Öffentlichkeit vorgestellt hat.
Gemeinsam mit der Stiftung hat das LWL-Medienzentrum für Westfalen den
Bestand vollständig digitalisiert. Der komplette Bildbestand ist online
unter www.bildarchiv-westfalen.lwl.org einsehbar. Die rund 5.000
Aufnahmen aus den Jahren 1946 bis 1949 dokumentieren die Zerstörung
durch den Zweiten Weltkrieg und die ersten Schritte des Wiederaufbaus.
Zwischen Trümmern und Notbauten, menschenleeren Straßen und neu belebten
Plätzen erzählen die Bilder vom Übergang in eine neue Zeit in drei
nordrhein-westfälischen Städten.

/Rätselhafte Herkunft/
Wer die Fotos aufgenommen hat, ist bis heute unbekannt. Den Bestand hatt
das LWL-Medienzentrum bereits 1995 angekauft – ohne Begleitmaterial,
ohne Notizen, ohne Hinweise auf den Urheber oder die
Entstehungsumstände. Die Aufnahmen liegen als rund 10.000
Kleinbildnegative vor, die in 250 Filmrollen auf hochwertigem „AGFA
Isopane F“-Filmmaterial überliefert sind. Bemerkenswert ist auch die
verwendete Technik: Es handelt sich überwiegend um Stereofotografie, ein
Verfahren, das bereits im 19. Jahrhundert populär war, nach dem Zweiten
Weltkrieg aber kaum noch verwendet wurde. Bei dieser Art der Belichtung
verfügt die Kamera über zwei Objektive, wodurch gleichzeitig zwei
Aufnahmen desselben Motivs erstellt werden können. Mithilfe eines
Betrachtungsgerätes lässt sich so ein räumlicher Eindruck von Tiefe
erwecken. Aber warum griff der Fotograf auf diese alte Technik zurück?
Und warum wurde in Zeiten der Knappheit nach dem Krieg ein Verfahren
verwendet, das die doppelte Menge an schwer zu beschaffendem
Negativmaterial benötigte?

/Spurensuche mit digitalen Mitteln/
Weil es keinerlei schriftliche Hinweise gab, mussten die Motive allein
über den Bildinhalt identifiziert werden. Dabei half, dass die Negative
zum größten Teil unzerschnitten waren: Auf den langen Filmstreifen
reihen sich meist mehrere Ansichten derselben Straße oder desselben
Platzes aneinander. Mit Hilfe digitaler Karten, Vergleichsbilder im Netz
und virtueller Stadtbegehungen konnte ein Großteil der Orte ermittelt
werden. So gelang es den Fachleuten im Bildarchiv des LWL, rund 98
Prozent der Aufnahmen in Münster, Recklinghausen und Köln zu verorten –
teilweise bis auf die Hausnummer genau. Mehr als zwei Drittel (rd.
3.500) zeigen Köln, je gut 800 Münster und Recklinghausen. „Wir hoffen,
durch eine breite Öffentlichkeit eventuell noch Personen zu erreichen,
die uns weitere Informationen zu den Bildern und vor allem zum
Fotografen und dem Hintergrund der Entstehung liefern können“ so Tobias
Flümann, wissenschaftlicher Referent im Bildarchiv des LWL-Medienzentrums.

Der Bildbestand ist auch im Portal der Irene und Sigurd Greven Stiftung
unter greven-archiv-digital.de vollständig abrufbar.