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Vortrag
Der Heimat so fern … Archäologische Untersuchungen im Oflag VI A in Soest

Donnerstag, 19. Oktober 2023, 19 Uhr

Vortrag: *Der Heimat so fern … Archäologische Untersuchungen im Oflag VI
A in Soest*
Referentin: Julia Ricken M. A., Stadtarchäologie Soest

2017 konnte die Stadtarchäologie Soest Prospektionsgrabungen auf dem
Gelände der ehemaligen belgischen Kaserne Colonel BEM Adam durchführen.
Durch sich in direkter Nähe befindliche eisenzeitliche Siedlungsspuren
wurden hier ebenfalls vorgeschichtliche Befunde erwartet. Die angelegten
Schnitte – vor allem zwischen den Wohnblocks – wiesen aber schnell auf
eine ganz andere Zeitstellung hin. Zutage kamen große Schichten mit
Material aus der Zeit der Nutzung der Kaserne als Kriegsgefangenenlager
für französische Offiziere. Die immense Fundmenge und das große
Fundspektrum bieten Eindrücke in das Alltagsleben der Gefangenen, die –
gestützt durch archivalische Überlieferungen – nun auch haptisch und
visuell greifbar wurden. Einzelne Funde offenbaren spannende Details, so
fanden sich auch viele persönlich Gegenstände, wie eine Feldflasche mit
Gravuren, ein importiertes Messerbänkchen mit passendem Teller oder
mehrmals geflickte Schuhe aus Gummi. Weitere Fundgattungen geben uns
Einblicke in den Alltag der Gefangenen: Sportgeräte wie eine Hantel,
Schlag- und Tischtennisbälle, Boule-Kugeln oder Kreide, Füller und
Tintenfässchen, teilweise noch gefüllt, konnten geborgen werden. Die
Grabung zeigt und verlangt eine ganz neue Form der Archäologie, eine
„Archäologie der Moderne“, die auch in Soest immer mehr an Bedeutung
gewinnt.

Der Vortrag ist eine Begleitveranstaltung der Sonderausstellung „Modern
Times – Archäologische Funde der Moderne und ihre Geschichten“, die bis
zum 18. August 2024 gezeigt wird. Aufsehen erregende Funde der
LWL-Archäologie für Westfalen aus dem 19. und 20. Jahrhundert werden zum
ersten Mal in dieser Ausstellung gezeigt und Objekten aus Finnland,
Frankreich und den USA gegenübergestellt. Die Sonderausstellung liefert
außerdem eine Übersicht über die Methoden und Herausforderungen, die die
Archäologie der Moderne an die Planung und an Grabungen, an die
Auswertung der Funde und Befunde sowie deren Archivierung stellt.Der
zeitliche Rahmen der Sonderausstellung reicht vom Beginn der
Industrialisierung bis zur Jahrtausendwende. Der Alltag in Westfalen zur
Zeit der beiden Weltkriege wird dabei ebenso eine Rolle spielen wie
Bergbau und Stahlproduktion sowie das Leben auf Festivals wie in
Woodstock.Im Mittelpunkt der Ausstellung steht das Verhältnis zwischen
dem Menschen und seinen Objekten, d. h. jenen Dingen, die der Mensch
selbst hervorgebracht hat. Erzählt werden etwa 100 Geschichten, für die
exemplarisch jeweils ein Objekt herangezogen wird, das sich durch seine
einzigartige Beziehung zum Menschen auszeichnet. Zudem werden einzelne
Themenkomplexe anhand mehrerer Exponate ausführlicher vorgestellt.

*Veranstaltungsort*
LWL-Museum für Archäologie
und Kultur I LWL-MAK
Westfälisches Landesmuseum
Europaplatz 1, 44623 Herne