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Veranstaltung
Nachbarn von nebenan – verschollen in Riga

Montag, 11. November 2019, 18 .00 Uhr

„Nachbarn von nebenan – verschollen in Riga“
Referent: Winfried Nachtwei, Münster

Auch aus Bottrop wurden in der Zeit des Nationalsozialismus jüdische
Mitbürgerinnen und Mitbürger in das Ghetto Riga in Lettland verschleppt.
Über 25.000 Juden aus dem Gebiet des damaligen Deutschen Reiches,
Männer, Frauen und Kinder, wurden dort unter schlimmsten Bedingungen
zusammengepfercht, gequält und schikaniert. Tausende von ihnen wurden im
nahen Wald von Bikernieki erschossen. In diesem Jahr ist die Stadt
Bottrop als 60. Stadt dem „Deutschen Riga-Komitee“ beigetreten, um die
Erinnerung an die lange vergessenen Geschehnisse wach zu halten und den
Aufbau der Gedenkstätte bei den 55 Massengräbern in Bikernieki zu
unterstützen.

Zur Zeit arbeitet das Stadtarchiv an einer Ausstellung zu diesem Thema,
die im nächsten Jahr im Kulturzentrum August Everding gezeigt wird.
Besonders die  Schicksale der Bottroper sollen hier thematisiert werden.
„Wir wissen bisher von 25 Männern, Frauen und Kindern aus unserer Stadt,
die in das lettische Ghetto verschleppt wurden. Das jüngste Kind, Paul
Krauthammer, war gerade einmal sieben Jahre alt, als es mit seinen
Eltern und seinen zwei Brüdern am 24. Januar 1942 aus Bottrop deportiert
wurde. Die gesamte Familie gilt seither als verschollen und wurde
schließlich vom Amtsgericht Bottrop für tot erklärt“, erläutert die
Leiterin des Stadtarchivs, Heike Biskup. „Leider wissen wir nicht sehr
viel über das Leben der Familie Krauthammer in Bottrop. Über die Familie
Dortort, aus der der Bottroper Kaufmann Julius Dortort gemeinsam mit
seiner Tochter Martha mit dem gleichen Transport wie die Krauthammers
„abtransportiert wurden“, wie es nüchtern in der Polizeiakte heißt, weiß
man durch Josef Dortort, der Bottrop vor einigen Jahren wieder besucht
hatte, mehr. „Er hat uns viel über seine Kindheit in Bottrop, über seine
Eltern und seine Geschwister erzählt.“

Am Montag, den 11. November, wird um 18 Uhr der frühere
Bundestagsabgeordnete Winfried Nachtwei zu Gast im Kammerkonzertsaal des
Kulturzentrums August Everding sein. „Nachbarn von nebenan – verschollen
in Riga“ ist die Veranstaltung überschrieben. Nachtwei setzt sich seit
über drei Jahrzehnten mit dem Holocaust in Riga auseinander. In seinem
eindrucksvollen bebilderten Vortrag schildert er die Geschichte der
Deportationen und Ermordungen der Juden in Riga und gibt Einblicke in
seine langjährige, intensive Spurensuche nach den Schicksalen der
Deportierten und seinen Einsatz für eine würdige Gedenkstätte in Riga.

„Die Veranstaltung soll auch als Spurensuche dienen. Vielleicht hat noch
jemand Erinnerungen an die Familien Dortort und Krauthammer oder auch an
andere Jüdinnen und Juden, die in Bottrop gelebt haben“, so Heike
Biskup. „Wir möchten jede auch noch so kleine Information über sie
sammeln, damit man nicht nur das Sterben, sondern auch das Leben in den
Blick nehmen kann.“

Musikalisch umrahmt wird die Veranstaltung durch die Bottroper Gruppe
„Jankele“. Holger Schie (Gitarre), Uta Oppermann (Geige), Andrea Döing
(Gesang) und Paul Döing (Querflöte, Gesang) singen und spielen jiddische
Lieder aus Osteuropa. Der Eintritt zu der Veranstaltung des Stadtarchivs
ist kostenlos.

Veranstaltungsort:
Kulturzentrum August Everding
Blumenstraße 12-14, 46236 Bottrop