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Neuerscheinung
Vor unserer Haustür. Eine Kindheit im NS-Staat – früh erlebt

Peter Hertel: Vor unserer Haustür. Eine Kindheit im NS-Staat – früh
erlebt, spät erkundet, agenda Verlag, Münster 2018, ca. 255 Seiten ISBN
978-3-89688-596-8, 19,90 EUR

Nicht nur die geschilderte Verschleppung und der Tod des weissrussischen
Jungen Ewgenij Ziunel, sondern auch andere Delikte der
Nationalsozialisten sind in Hamm/Bockum-Hövel unbekannt. Wer hat je von
den 131 Zwangsarbeiterinnen gehört, die zwischen September 1944 und dem
Kriegsende von der Geheimen Staatspolizei (Gestapo)  – offenbar in
Zusammenarbeit mit der Hoesch AG – in ein Konzentrationslager (KZ) vor
Ort eingeliefert wurden und teilweise spurlos verschwanden? Oder von den
Osteuropäern und Italienern, an denen menschenverachtende Experimente
vorgenommen wurden, um sie in produktive Arbeitssklaven umzuformatieren?
Und von den 13 Jüdinnen und Juden, die in Bockum-Hövel geboren wurden
bzw. gewohnt haben und im Holocaust ermordet worden sind?

Auch der Autor hat nichts darüber gewusst, ehe er mit den Recherchen für
dieses Buch begann. Seit langem hatte er sich als Journalist in
Hörfunk-Sendungen und Publikationen mit der NS-Zeit beschäftigt. Als er
mit den Recherchen begann, ahnte er nicht, dass er mehrere Jahre lang
sozusagen dicke Bretter bohren musste – nicht nur, weil er eigene
verschüttete Ereignisse und Bilder hervorzuholen hatte, sondern vor
allem, weil er längst verdeckte Bosheiten und vielleicht sogar
NS-Verbrechen, die sich womöglich im engeren Lebensumfeld abgespielt
hatten, nach Jahrzehnten erforschen und kritisch vornehmen musste.

Als unerwarteter Glücksfall erwies sich die Begegnungen mit einem
Zeitzeugen, der seit 1942 an maßgeblicher Stelle, in der Bockum-Höveler
Gemeindeverwaltung, tätig war und nun aus eigenem Erleben erzählte.
Engagiert begleitete er das Projekt, stellte Gesammeltes aus seinem
Archiv zur Verfügung und schrieb Erinnerungen auf, die ich teils
wiedergebe, teils zu meiner Orientierung nutze. Ein weiterer bedeutsamer
Zeitzeuge ward Anno Schoenen (1925-2016), ehemaliger Abt des
Benediktinerklosters Maria Laach und Präses der Beuroner Kongregation.
Von der Schulbank eines Gymnasiums in Essen war der damalige Heribert
Schoenen im Sommer 1943 mit Schulkameraden und berufstätigen jungen
Leuten zur Deutschen Wehrmacht einberufen worden. Da er aus dem
Ruhrgebiet stammte, eigneten sich seine Informationen und Erzählungen
umso besser als externe Begleitung und Überprüfung des Projektes. Siehe
auch agenda.de/wp-content/uploads/Hertel.pdf

INHALT
Eine Kindheit im NS-Staat – früh erlebt, spät erkundet
In jenen Tagen

1. Einladung auf eine Entdeckungsreise
Was Sie in diesem Buch erwartet
Der Schauplatz
Das Mädchen, das ein Junge war

2. Machtübernahme 1933
SA marschiert
Mit Terror zur Macht
Zerschlagung der Gewerkschaften
Die Kirchen marschierten mit

3. Im Alltag
Schwester Sirene und die unauslöschliche Angst
Mosaiksteine
Reichsverteidigung
Rassenwahn konkret
Disziplin ‘43
Szenen mit Bischof von Galen
Der Spielraum der Opponenten

4. Zur Zwangsarbeit verschleppt
Fünf Deutsche – ein Zwangsarbeiter
Hinter Drahtverhau
Verschollene Zwangsarbeiterinnen
Butterbrot und Peitsche

5. Die unbekannten Juden
Schwierige Suche
Die Holocaustopfer von Bockum und Hövel
6. Ungeliebte Erinnerung
Am Nordrand des Ruhrkessels
Endlich
Hauptsache, das Leben geht weiter
Steilvorlage verpasst
Fünfziger Jahre

7. Gedenken mit Lücken
Maria Chimina. Eine Grabgeschichte
Zum Beispiel die bildhübsche Hanna
Der Russenfriedhof in Hövel
Nobodys
Drei Stolpersteine

Anstelle eines Nachwortes
Erlebte Zeitgeschichte

Anhang
Tote ohne Gräber
Ausländerlager 1939-1945
Verschwundene Frauen auf der Zeche Radbod

Literaturverzeichnis
Bücher – Broschüren – Aufsätze
Archivalien und Einzelinformationen
Zeitschriften und Zeitungen
Internet
Tonträger

Abbildungsverzeichnis