Mailingliste

Neuerscheinung
Kleine Leute in Westfalen. Leben in bescheidenen Verhältnissen

*Ulrike Gilhaus, Kirsten Bernhardt (Hgg.): Kleine Leute in Westfalen.
Leben in bescheidenen Verhältnissen. Ardey Verlag, Münster 2024, 232
Seiten, ISBN 978-3-87023-471-3, 29,90 €*

Diese Publikation nimmt die Leser*innen mit auf eine anregende, 300
Jahre umspannende Zeitreise in die Welt der /Kleinen Leute/ in
Westfalen. Am Beispiel der Biografien von 72 Menschen wird das Leben in
bescheidenen Verhältnissen vom 18. Jahrhundert bis in die Gegenwart
vorgestellt. Mit großer Anschaulichkeit und emotionaler Nähe
porträtieren Fachautorinnen und Fachautoren Personen aus der breiten
Masse der Bevölkerung: Arbeiterinnen und Arbeiter, Kötter und
Heuerlingsfrauen, Bergleute, Hausangestellte, Armenhausbewohnerinnen,
kleine Händlerinnen und Händler und viele mehr. Ihre Biografien zeugen
vom Lebenskampf Kleiner Leute, aber auch von Heiterkeit, Lebensfreude
und Erfolg – und nicht selten vom Stolz auf ihre Lebensleistung.

Aus der Einführung
/Um die skizzierten Sammlungs- und Forschungslücken zu adressieren, wird
in diesem Band die sehr große und sehr heterogene Gruppe der
Unterschichten – hier verstanden unter Einschluss des Kleinbürgertums –
in den Blick genommen. Durch ihre Sichtbarmachung soll die soziale
Diversität in Museen, Ausstellungen und in der Regionalforschung
verbessert werden. Es geht also um die breite Masse der Bevölkerung –
von der Schwelle des 18. Jahrhunderts bis in die jüngste Gegenwart. Die
relevanten sozioökonomischen Kriterien sind Einkommen und Besitz,
Bildung und Ausbildung sowie die ausgeübte Tätigkeit bzw. der Beruf als
Grundlage des Lebensunterhaltes und das Geschlecht. Immer wieder scheint
als Überlebensstrategie der Unterschichten eine Ökonomie des Notbehelfs
auf, also die Kombination verschiedener Einkommensquellen zur Sicherung
des Lebensunterhalts. Der Band will am Beispiel Westfalens Einblicke in
das Leben und den Alltag dieser großen heterogenen Gruppe geben, deren
gemeinsamer Nenner fehlendes oder allenfalls geringes Eigentum, über
lange Zeit nur rudimentäre Bildung bzw. Volksschulbildung mit
zunehmender beruflicher Qualifizierung sowie eine Beschränkung der
persönlichen Freiheit im 18. und frühen 19. Jahrhundert war. Über
politischen Einfluss verfügten sie nicht. Zu ihnen gehörten Bedürftige,
die für ihre Existenzsicherung auf die Unterstützung Dritter angewiesen
waren,26 aber auch Personen, die einen sozialen Aufstieg schafften, ihre
alte Welt zum Teil vollständig hinter sich ließen und am Ende sogar zur
oberen Mittelschicht gehören konnten. Hauptsächlich aber geht es um
Männer und Frauen, die sich allein oder mit ihren Familien bescheiden
oder gerade auskömmlich selbst versorgten und dadurch eine positive
Selbstwirksamkeit erlebten, sei es als abhängig Beschäftigte oder als
kleine Selbstständige. Durch die hier zusammengestellten Biografien
erfährt das Thema Unterschichten eine starke Ausdifferenzierung und
Vielschichtigkeit, weil die vorgestellten Personen unterschiedliche
Perspektiven und Lebensläufe verkörpern.

/