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Neuerscheinung
Forum Geschichtskultur Ruhr 2/24
Wanderkino. Einblicke in die Kino- und Filmgeschichte der Region. Hrsg.
vom Deutschen Bergbau-Museum Bochum, Forum Geschichtskultur an Ruhr und
Emscher, Regionalverband Ruhr/Referat Sport, Kultur und Industriekultur,
Ruhr Museum, Stiftung Geschichte des Ruhrgebiets und Stiftung
Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur, Essen: Klartext Verlag
2024, ISSN 1436-7661, 128 Seiten, 9,00 € / 5,00 € (E-Paper)*
Der Wittener Gastronom Wilhelm Wiedau soll erstmals im Mai 1898 ein
lokales „Großereignis“ im Ruhrgebiet – die Pfingstkirmes in Blankenstein
– mit einer Kamera festgehalten haben. Von den spannenden Anfängen der
Kinematographie in der Region erzählt Paul Hofmann, versierter Leiter
der Kinemathek im Ruhrgebiet, in dem Gespräch, das Christoph Wilmer mit
ihm für diese FORUM-Ausgabe geführt hat.
Drei Etappen der Filmbegeisterung im „Revier“ konstatiert Klaus Füßmann
in seinem einführenden Beitrag über die regionale
Film(kultur)geschichte. Er erinnert u. a. daran, dass Duisburg einst Ort
filmpädagogischer Innovation und filmunternehmerischer Pioniertaten war.
Auch dass Gelsenkirchen bis heute regelmäßig „Deutschlands schrägste
Cineasten“ empfängt, zeichnet nach Füßmann das Ruhrgebiet als
„Kinoheimat“ aus.
Stefan Moitra konzentriert sich ganz auf das Jahr 1952, in dem (auch) im
Ruhrgebiet gegen Filmregisseur Veit Harlan protestiert wurde, den mit
dem Film Jud Süß eng in den Nationalsozialismus verstrickten Regisseur.
Moitras Beitrag zeigt das kontroverse Potenzial des Kinos in den
Nachkriegsjahrzehnten und den damaligen Glauben an eine besondere
Wirkmächtigkeit des Mediums Film.
Die bis heute beeindruckende Kinosaalgestaltung der 1950er Jahre stellt
Holger Klein-Wiele vor, die auf die Schaffung von „Illusionsräumen“
zielte, und skizziert Architektur, Design und Raumästhetik verschiedener
Kinobautypen, darunter auch von Bahnhofskinos oder den früher so überaus
zahlreichen Vorortkinos.
In ganz andere Räume führt Christoph Schurian, nämlich in die
Pornofilmszene und Pornobranche im Ruhrgebiet. Während letztere in den
1990er Jahren im Ruhrgebiet ihre Hochkonjunktur erlebte, befanden sich
einige Marktführer der Porno-Filmbranche immerhin für drei Jahrzehnte in
der Region. 2010 hatte sich diese Art der Filmproduktion jedoch überlebt.
Ingo Wuttke hat Michael Meyer interviewt, den Betreiber von nicht
weniger als sechs Kinos in Bochum, Gelsenkirchen und Dorsten. Seine
Kinoleidenschaft führte ihn in den 1970er Jahren ins Ruhrgebiet, konkret
nach Bochum, wo er das CINEMA im Uni-Center übernahm, damals im Besitz
der gewerkschaftseigenen Neuen Heimat.
Hilde Hoffmann verdeutlicht mit ihrer Übersicht die Bandbreite der
hiesigen Filmfestivals, die durch Formen, Zielen, Perspektiven und durch
ihre regionale und internationale Relevanz stark beeindrucken. Dennoch
sind sie prekär ausgestattet und stehen jedes Jahr erneut zur Debatte.
Einen unumwunden subjektiven Blick zurück wirft Thomas Bertram in seinem
Beitrag über das Gelsenkirchener INDUSTRIETheater, Sehnsuchtsort eines
14-Jährigen: „So rau wie die Stadt, so rau waren die Sitten auf der
Leinwand meines Lieblingskinos.“
Sie werden in diesem Heft neben interessanten Beiträgen und
Rezensionen/Annotationen und den gewohnten Mitteilungen der Herausgeber
auf Filmbegeisterung und -besessenheit, auf Kinoprotest und -fantasien,
auf Leinwandzauber und Kumpelfilme, auf illusionsgesättigte
Parallelwelten und ästhetisch wie gesellschaftskritisch anspruchsvolle
Räume im Ruhrgebiet stoßen – und mit der Lektüre hoffentlich große Lust
auf einen baldigen Kinobesuch und eine Besichtigung der bildgewaltigen
Ausstellung „Glückauf – Film ab! Kino und Filmgeschichte des
Ruhrgebiets“ bekommen.
Das Inhaltsverzeichnis des Heftes können Siehiereinsehen.
/
Editorial
Susanne Abeck/