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Ausstellung
Come out

*Come out, Essen! **
**Ausstellung zur Geschichte lesbisch-schwuler Emanzipation*

Gleichgeschlechtliche Paare können heute in Deutschland heiraten. Manche
Minister*innen oder Oberbürgermeister*innen bekennen sich offen als
schwul oder lesbisch. In Essen setzt sich seit einigen Jahren eine
städtische Koordinierungsstelle für sexuelle und geschlechtliche
Vielfalt, Akzeptanz und Gleichstellung ein. Solchen und weiteren
Erfolgen ist ein langer Kampf lesbischer und schwuler Initiativen
vorausgegangen – in Essen, im Ruhrgebiet und deutschlandweit. Eine
Ausstellung zeichnet nun die Geschichte dieser Emanzipation seit Beginn
des 20. Jahrhunderts nach.

Die Ausstellung spannt einen Bogen von den Gerüchten um Friedrich Alfred
Krupps Homosexualität zu Beginn des 20. Jahrhunderts bis zur
Verabschiedung eines ersten Handlungsprogramms gegen die Ausgrenzung
gleichgeschlechtlicher Lebensweisen im Jahr 1999 im Essener Stadtrat und
blickt abschließend auf die Erfolge lesbisch-schwuler Emanzipation der
letzten Jahre. „Vor allem in Zeiten gesellschaftlichen Aufbruchs wie zu
Beginn der Weimarer Republik oder als Folge der 68er-Bewegung sind
lesbische Frauen und schwule Männer für ihre Rechte eingetreten, haben
für Anerkennung und gegen Diskriminierung gekämpft“, sagt Wolfgang D.
Berude, Initiator der Ausstellung. „Wir zeigen dies an vielen Beispielen
aus Essen und auch anderen Ruhrgebietsstädten.“ Berude, einer der
Mitbegründer des Forums Essener Lesben und Schwule (F.E.L.S.) und des
Arbeitskreises schwule Geschichte, recherchiert seit Jahrzehnten zu
diesem Thema und hat sehr viel Material zu der Ausstellung beigesteuert.

Die Ausstellung blickt auch auf die Verfolgung Homosexueller im
Nationalsozialismus. Die Nazis verschärfen den § 175 im Jahr 1935, und
im Rahmen einer Gestapo-„Aktion gegen Homosexuelle“ werden ab 1936 viele
Männer aus Essen und Umgebung verhaftet, teilweise von Gerichten
verurteilt und oft anschließend in Konzentrationslagern interniert.
Viele überleben dies nicht. Und auch nach 1945 bleibt Sex zwischen
Männern strafbar, der § 175 wird erst 1969 liberalisiert und 1994 ganz
aus dem Strafgesetzbuch gestrichen.
„Schwule und Lesben haben viel Mut gebraucht, einer in weiten Teilen
homophoben Stimmung in der Gesellschaft, einem traditionell-bürgerlichen
Rollenbild der Geschlechter und dem Strafgesetz zu trotzen. Viele haben
es dennoch gewagt – die einen in Form individueller Lebensentwürfe, die
anderen gemeinsam und öffentlich“, sagt der Historiker Stefan Nies, der
die Ausstellung im Auftrag der Stiftung Ruhr Museum kuratiert hat.

Eine eigene Installation verweist auf die Situation lesbischer Frauen in
den 1950er- und 60er-Jahren, die besonders unter der weiblichen
Rollenzuweisung als Ehefrau und Mutter leiden. „Die Strategie der
meisten lesbischen Frauen, mit dieser bundesdeutschen Realität der
1950er- und 60er-Jahre umzugehen, ist es – so wird vermutet –
unauffällig zu sein. Nicht selten werden Tarnehen und heterosexuelle
Scheinehen zwischen Schwulen und Lesben geschlossen, um sich
gesellschaftlicher Diskriminierung zu entziehen“, stellt die
Bildungswissenschaftlerin Dr. Bettina Waffner mit Blick auf
wissenschaftliche Forschungsergebnisse fest. Waffner gehört zu dem
ehrenamtlichen Projektteam, das die Ausstellung gemeinsam mit dem
Kurator Stefan Nies und Initiator Wolfgang D. Berude erarbeitet hat.
Mitgewirkt darin haben zudem Dietrich Dettmann vom Magazin fresh, Markus
Laubrock von der Aidshilfe, der Fotograf Moritz Leick, Michael
Kleine-Möllhoff, der 1984 der erste offen schwule Ratsherr in Essen war,
Friederike Ninnemann und Sabine Weinem von Frauen-Liebe im Pott – Flip
e. V. sowie Sebastian Stute von der Koordinierungsstelle
Gleichgeschlechtliche Lebensweisen LSBTI* der Stadt Essen. Der
Historiker Dr. Frank Ahland aus Dortmund stand dem Projekt als
wissenschaftlicher Berater zur Seite.

„Wenn wir nur über die Grenze in unser EU-Nachbarland Polen schauen, wo
LSBTI* offen diskriminiert und einige Städte sich zynisch als
‚LSBTI-frei‘ bezeichnen oder nach Ungarn, wo die Rechte von
Trans*menschen kürzlich stark eingeschränkt wurden, können wir stolz auf
das sein, was bei uns alles erreicht wurde. Trotzdem gibt es noch viel
zu tun“, sagt Sebastian Stute von der Koordinierungsstelle. „So wird
auch heute noch Homosexualität im Sport oder in der Arbeitswelt teils
tabuisiert, Trans*menschen werden immer noch pathologisiert, und es gibt
immer noch Eltern, die ihre nicht-heterosexuellen Kinder in Therapie
schicken. Gleichberechtigung muss erkämpft werden – immer noch und immer
wieder.“

*Come out, Essen! 100 Jahre lesbisch-schwule Emanzipation**
**Ausstellung aus 22 Rollups und einer Installation*
Ausstellungsorte:
•    3. August bis 12. August 2020:
Rathaus Essen, Foyer, Porscheplatz 1, 45121 Essen (Eingang durch
Haupteingang neben Rathausgalerie), Öffnungszeiten Ausstellung: Mo–Do
7.00–16.00 Uhr, Fr 7.00–15.00 Uhr
•    27. August bis 8. Oktober 2020:
Volkshochschule Essen, Ausstellungsfoyer 2. Etage, Burgplatz 1, 45127 Essen
Öffnungszeiten Ausstellung: Mo–Fr. 9.00–21.00 Uhr, Sa./So., 26./27.
Sept., 9.00–18.00 Uhr
•    15. Januar bis 4. März 2021:
Haus der Essener Geschichte/Stadtarchiv, Foyer, Ernst-Schmidt-Platz 1,
45128 Essen,
Öffnungszeiten Ausstellung: Mo, Di, Mi 9.00–15:30 Uhr, Do 9.00–18.00
Uhr, Fr 9.00–13.00 Uhr

Eine Ausstellung der Aidshilfe Essen e. V., Arbeitskreis Schwule
Geschichte, und des Ruhr Museums in Kooperation mit der
Koordinierungsstelle Gleichgeschlechtliche Lebensweisen LSBTI* der Stadt
Essen, dem Forum Essener Lesben und Schwule (F.E.L.S.) und Frauen-Liebe
im Pott – Flip e. V.  Schirmherr: Thomas Kufen, Oberbürgermeister der
Stadt Essen.

Es gibt ein umfangreiches Begleitprogramm (siehe beigefügter Flyer) und
es erscheint Mitte/Ende August ein Begleitbuch zur Ausstellung.
Ausstellung und Begleitbuch wurden ermöglicht durch finanzielle
Unterstützung von:
•    Stiftung Ruhr Museum
•    Stadt Essen, Kulturamt
•    Sparkasse Essen, Sparkassenlotterie PS-Sparen und Gewinnen
•    Alfred-Krupp-und-Friedrich-Alfred-Krupp-Stiftung
•    Hannchen-Mehrzweck-Stiftung für homosexuelle Selbsthilfe