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Tagung
Wahrnehmungen im Widerstreit. Umstrittene Organisationen in der Geschichte des 20. Jahrhunderts

17. und 18. November 2017

Tagung: Wahrnehmungen im Widerstreit. Umstrittene Organisationen in der
Geschichte des 20. Jahrhunderts

Organisationen verschiedenster Art standen und stehen im Fokus
zahlreicher (zeit-)historischer Forschungsbemühungen. In letzter Zeit
erlebte gerade dieses Feld bedingt durch einen geschichtspolitischen
Trend zur „Aufarbeitung“ der (NS-)Vergangenheit staatlicher

Dienststellen oder privater Unternehmen einen regelrechten Boom. Zwar
wurden in diesem Zusammenhang besonders die spezifischen
Herausforderungen einer „Auftragsforschung“ im Spannungsfeld von
wissenschaftlichen Ansprüchen, institutionellen Eigeninteressen sowie
öffentlichen Erwartungen breit thematisiert. Demgegenüber spielten
methodische bzw. theoretische Reflexionen in diesen Debatten bislang
jedoch keine prominente Rolle. Im Rahmen einer interdisziplinären
Konferenz sollen nun insbesondere Organisationssoziologie und
Zeitgeschichte in einen produktiven Austausch darüber gebracht werden,
was Forscher/innen eigentlich genau tun, wenn sie sich der Geschichte
von (historischen) Organisationen zuwenden.

Anhand vielfältiger empirischer Beispiele aus den Sphären von
Wissenschaft, Politik, Militär, Wirtschaft oder Kultur, die sich auf
umstrittene Organisationen in spezifischen Konflikt- oder
Krisensituationen konzentrieren, sollen verschiedene methodische Ansätze
und theoretische Grundfragen der gegenwärtigen
Organisationsgeschichtsschreibung diskutiert werden: Wie reagieren
verschiedene Organisationen und ihr Personal auf entsprechende Szenarien
(wie politisch-gesellschaftliche Umbrüche, mediale Skandale oder
technologische Revolutionen)? Wie beeinflussen externe Interventionen
die Strukturen und die Identitäten innerhalb der Organisationen? Wie
können Historiker/innen die zeitgenössisch produzierten internen
Selbstbeschreibungen und externen Fremddeutungen im Quellenmaterial in
ihren eigenen Darstellungen verarbeiten? Durch diesen Fokus auf
wechselseitige Interaktionen und Interpretationen in den Binnenräumen
sowie Umwelten umstrittener Organisationen will die Konferenz einen
Impuls zu einer breiteren Debatte über Theorie und Methode im
expandierenden Feld der Organisationsgeschichtsschreibung leisten.

Die Konferenz wird ermöglicht durch die großzügige Unterstützung der
Research School der Ruhr-Universität Bochum.

Anmeldungen zur Tagung werden bis zum 1. November 2017 unter der
E-Mail-Adresse zeitgeschichte@rub.de entgegengenommen.

Freitag, 17. November 2017

12:00 Uhr:
Eröffnung

Marcus BÖICK/Marcel SCHMEER (Bochum): Begrüßung und Einführung

12:30 Uhr:
Panel I: Organisationstheorie und Geschichtswissenschaft

Chair/Moderation: Constantin GOSCHLER (Bochum)

Christian MENTEL (Potsdam): Historiker als Aufarbeitungsdienstleister.
Kritische Anmerkungen zur aktuellen Behördenforschung

Rena SCHWARTING (Bielefeld): Methodische und theoretische
Herausforderungen bei der Erforschung historischer Organisationen

Sören EDEN/Henry MARX (Berlin): „Beamtenherz“ und „Verwaltungsmaschine“.
Individuelle Spielräume in Organisationen

Sebastian BRÜNGER (Berlin): Geschichte und Gewinn. Der Umgang deutscher
Konzerne mit ihrer NS-Vergangenheit

15:30 Uhr:
Panel II: Staat und Militär

Chair/Moderation: Sandra MAß (Bochum)

Peter BECKER (Wien): Staatliche Verwaltung auf dem Prüfstand. Die
Enquete von 1912 und die Verwaltung der Habsburgermonarchie

Lutz BUDRA? (Bochum): Wie organisiert man eine schwarze Luftwaffe? Die
Entstehung der Koalition von Hermann Göring und Lufthansa, 1929-1933

Reiner FENSKE (Dresden): Vom globalen Imperialismus zum
Siedlungskolonialismus eines „Volkes ohne Raum“. Die „Neuerfindung“
kolonialer deutscher Organisationen 1918-1936

Martin PLATT (Köln): Davonrennen oder Vogel-Strauß? Militär und Militärs
zwischen Weltkrieg und Weimar

18:00 Uhr:
Abendvortrag

Stefan KÜHL (Bielefeld): Perspektiven der historischen
Organisationsforschung – Möglichkeiten und Grenzen soziologischer Zugänge

Moderation: Rüdiger GRAF (Potsdam/Berlin)

Samstag, 18. November 2017

9:00 Uhr
Eröffnungsvortrag am zweiten Konferenztag

Wolfgang SEIBEL (Konstanz): Umstrittene Organisationen –
Theoriekonzepte, Falltypologien und interdisziplinäre Forschung

Moderation: Marcel SCHMEER (Bochum)

10:00 Uhr:
Panel III: Kulturen und Ideen

Chair/Moderation: Thomas WELSKOPP (Bielefeld)

Gunnar MERTZ (Wien): Umstrittene Berge: Der Konflikt um die Nachfolge
des nationalsozialistischen Alpenvereins in Österreich

Jürgen MITTAG (Köln): Wahrnehmungsprozesse von Sport-/Fußballverbänden
im 20. Jahrhundert im Wandel: Zwischen Respekt, Bewunderung und Verspottung

Anne-Christine HAMEL (Leipzig): Die „Deutsche Jugend des Ostens“ (DJO)
als Gegenstand gesellschaftspolitischer Kontroversen der deutschen
Nachkriegszeit

Vojin Sasa VUKADINOVIC (Zürich): Radikale für den Kapitalismus. Die
Objektivisten in New York City, 1962-1968

13:00 Uhr
Panel IV: Sicherheit und Risiko

Chair/Moderation: Ute SCHNEIDER (Essen)

Christoph WEHNER (Bochum): Umstrittene Risikopolitik. Die
Versicherungswirtschaft in den Spannungslinien des bundesdeutschen
Atomkonflikts

Daniel TRABALSKI (Bochum): Von der Konfrontation zur Partizipation – Zum
Verhältnis von Unternehmern und Versicherten in der Unfallversicherung
der Bonner Republik

Marcel SCHMEER (Bochum): Produzenten innerer (Un-)Sicherheit?
Bundesdeutsche Sicherheitsbehörden im Fokus öffentlicher Gegenbeobachtung

Sebastian VOIGT (München / Bochum): Dinosaurier des Industriezeitalters
oder Gegenmacht zum Kapital? Diskurse über die und in den Gewerkschaften
seit den 1970er-Jahren

15:30 Uhr:
Panel V: „Transformationen“ und Konflikte

Chair/Moderation: Ralph JESSEN (Köln)

Christoph LORKE (Münster): Sozialstaatsdebatten: Krisenrhetorik und
Diskursstrategien seit den 1980er Jahren

Marcus BÖICK (Bochum): Eine Gemeinschaft entsteht im Kreuzfeuer der
Kritik? Die Treuhandanstalt als umstrittene Organisation

Markus GOLDBECK (Münster): Zwischen Moral- und Realpolitik: Die
Stasi-Unterlagen-Behörde (BStU) als Gegenstand und Akteur in der
Auseinandersetzung um die DDR-Vergangenheit

Myriam NAUMANN (Berlin): Institutionalisierte Paradoxie: Über die
ehemaligen MfS Mitarbeiter in der Stasi Unterlagen Behörde (BStU)

17:30 Uhr:
Abschlussrunde

Moderation: Marcus BÖICK (Bochum)

Information:
Marcus Böick
Marcel Schmeer
Ruhr-Universität Bochum
Fakultät für Geschichtswissenschaft
Historisches Institut
Professur für Zeitgeschichte (GA 4/58)
Universitätsstr. 150
44780 Bochum
Tel. 0234 32 22540
marcel.schmeer@rub.de
marcus.boeick@rub.de
zeitgeschichte@rub.de

Veranstaltungsort:
Veranstaltungszentrum der Ruhr-Universität Bochum, Saal 4

hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/termine/id=35280