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Tagung
„Die Vernunft befiehlt uns

Freitag, 28. April 2017, 10:00 Uhr bis 17:30 Uhr

Tagung: „Die Vernunft befiehlt uns, frei zu sein.“ – 200 Jahre Mathilde
Franziska Anneke
Forschungsstand, Analysen und Ausblicke

Am 3. April 1817 wurde Mathilde Franziska Anneke in Hiddinghausen (heute
Stadt Sprockhövel) geboren. Mit ihrem Ehemann Fritz (*1818 in Dortmund),
dem späteren Ruhrindustriellen Friedrich Hammacher (*1824 In Essen) und
dem Schriftsteller Caspar Butz (*1825 in Hagen) war Mathilde Anneke die
einzige prominente Vertreterin der bürgerlich-demokratischen Revolution
von 1848/49 aus dem Ruhrgebiet. Sie gehörte zu den aktivsten
Kämpfer_innen für Demokratie, Freiheit und soziale Gerechtigkeit in
Deutschland und den USA und war eine der Begründerinnen der deutschen
und amerikanischen Frauenbewegung.

Ihr aufregendes Leben begann auf einem ländlich-beschaulichen Gut in
Sprockhövel-Hiddinghausen. Kindheit und Jugend verbrachte sie in
(Hattingen-)Blankenstein und Hattingen. In einer bürgerlichen Familie
behütet aufgewachsen, erfuhr Mathilde Franziska Anneke schon als junge
Frau Unterdrückung, Armut und Ungerechtigkeit. Innerhalb der
Freiheitsbewegung in Rheinland/Westfalen vor und während der
bürgerlichen Revolution von 1848/49 nahm sie eine führende Stellung ein
und musste nach deren Scheitern mit ihrer Familie in die USA emigrieren.
Dort engagierte sie sich gegen die Sklaverei, für die Rechte der
indigenen Bevölkerung und vor allem für die Gleichberechtigung der Frau.
In einer von Anneke mit gegründeten und geleiteten Mädchenschule in
Milwaukee/Wisconsin wurden bereits in den 1860er bis 1880er Jahren
emanzipatorische Lernziele vermittelt. Als 1904 in Berlin der Weltbund
für Frauenstimmrecht gegründet wurde, berichtete die greise
amerikanische Frauenrechtlerin Susan B. Anthony von der „tapferen
westfälischen Frau“ Mathilde Franziska Anneke, die als treueste
Gefährtin mit ihr für das Frauenstimmrecht in den USA gekämpft habe. Ihr
gebühre der erste Platz auf dem Gebiet der Frauenstimmrechtsbewegung.

Aus Anlass des 200. Geburtstags Annekes veranstaltet die Kunst- und
Kulturinitiative Sprockhövel e.V in Zusammenarbeit mit der Sparkasse,
dem Heimat- und Geschichtsverein und der Stadt Sprockhövel ein
wissenschaftliches Symposium mit Forscher_innen verschiedener
Fachrichtungen, um eine Bestandsaufnahme der aktuellen und breit
gefächerten Forschungsvorhaben zu präsentieren. Die Tagung steht nicht
nur dem Fachpublikum, sondern auch interessierten Laien offen und könnte
als Impulsgeberin für ein zukünftiges Netzwerk in Sachen
Anneke-Forschung und –vermittlung, eine Art „Anneke-Forum“, fungieren.

Tagungsprogramm:

10:00 Uhr
Eröffnung durch Daniel Rasche, Mitglied des Vorstandes der Sparkasse
Sprockhövel
Grußworte von Ulli Winkelmann, Bürgermeister der Stadt Sprockhövel
Vorstellung des Tagungsablaufs durch Karin Hockamp, Stadtarchiv Sprockhövel

10:15 Uhr
Prof. Dr. Anne Schlüter (Duisburg/Essen)
Gender als Kategorie für Theoriefundierung und Analyse sozialer Praxis
Geschichte wird von Akteurinnen und Akteuren gemacht. Ihre
biographischen Dokumente geben Zeugnis über ihre Aktivitäten und
Denkstrukturen. Mathilde Franziska Anneke hat Dokumente ihres
Selbstverständnisses geschaffen, die über gesellschaftliche Verhältnisse
Auskunft geben und über subjektive Eindrücke hinausgehen. Am Beispiel
der von ihr eingerichteten Mädchenschule soll der Zusammenhang von
politischen, sozialen und individuellen Strukturen der Gesellschaft im
19. Jahrhundert dargestellt werden.

11:00 Uhr
Dr. Irina Hundt (Schwielowsee)
Leben und Werke Mathilde Franziska Annekes
Im Referat werden die Ergebnisse der Mathilde-Franziska-Anneke-Forschung
seit 2000 kurz skizziert. Dabei steht die Erschließung neuen
Quellenmaterials im Vordergrund. Darüber hinaus wird auf Desiderate und
weitere Forschungsschwerpunkte hingewiesen. In diesem Zusammenhang wird
auf die Problematik der politischen Verortung Mathilde Franziska Annekes
zwischen Sozialismus und Frauenemanzipation eingegangen und ein
Vergleich mit der anderer deutscher Frauenrechtlerinnen der Generation
1848/49 versucht.

12:00 Uhr
Dr. Birgit Mikus (Oxford)
Menschenrechte literarisch – Mathilde Franziska Anneke und ihre Texte
Die Memoiren einer Frau aus dem badisch-pfälzischen Feldzug (1853) ist
nicht der erste politische Text, den Mathilde Franziska Anneke schrieb,
während sie noch in Deutschland lebte. In ihrem ersten politischen Essay
Das Weib im Conflict mit den socialen Verhältnissen von 1847 legte
Anneke glasklar dar, wie sie die Stellung der Frau in der deutschen
Gesellschaft erfuhr und klagte die bestehenden Normen und Doppelmoral
an, die eine Entfaltung von weiblichen Lebensentwürfen rigoros
verhinderten. Die Forderung nach universellen Menschenrechten blieb ein
Hauptthema auch in ihren literarischen Werken. In mehreren kurzen
Geschichten und einem Roman, Uhland in Texas (1866), die allesamt in
Amerika entstanden und dort situiert sind, behandelte Anneke zusätzlich
zum Thema der unabhängigen und freien Frau in der Neuen Welt auch das
Schicksal der schwarzen Sklaven, insbesondere die Ausbeutung von
Sklavinnen durch ihre Besitzer, und reihte sich damit eindeutig in die
politische Linie der Abolutionisten ein. In diesem Beitrag werden
zunächst die grundlegenden politischen Positionen Annekes dargestellt
und dann deren literarische Bearbeitungen anhand der Texte Die
Sclaven-Auction (1862), Die gebrochenen Ketten (1864) und Uhland in
Texas aufgezeigt.

14:30 Uhr
Dr. Wilfried Korngiebel (Hattingen)
Zwei Organe der Demokratie – zwei Publikumsprojekte
Die Neue Rheinische Zeitung und die Neue Kölnische Zeitung 1848/49
Zwei in Köln erscheinende Tageszeitungen republikanisch-demokratischer
Orientierung mischten sich während der Revolution 1848/49 in besonderer
Weise in die Gemengelage der politischen Öffentlichkeit ein: die Neue
Rheinische Zeitung mit ihrem Chefredakteur Karl Marx und die Neue
Kölnische Zeitung, herausgegeben von Fritz Anneke und Friedrich Beust.
De facto aber wurde dieses Blatt über weite Strecken allein von Mathilde
Franziska Anneke gestaltet. Trotz ähnlicher politischer Ausrichtung und
enger persönlicher Verbindungen zwischen beiden Organen zeigen sich
signifikante Unterschiede: Anhand von Beispielen sollen die jeweilige
Wahl der Sprachebene und die damit verbundenen Ansprachen an differente
Leserschichten herausgestellt werden.

15:30 Uhr
Dr. Irmgard Stamm (Rastatt)
Das Scheitern des badisch-pfälzischen Aufstands und die Flucht von
Mathilde und Fritz Anneke
Von Köln über die Pfalz nach Baden: So zogen mutige Menschen im
Frühsommer 1849 in einen Freiheitskampf, dessen Ausgang ungewiss war und
von dem viele nicht wussten, ob sie ihre Heimat wiedersehen würden.
Fritz und Mathilde Anneke gehörten zu den wenigen Ehepaaren, die sich
der badisch-pfälzischen Revolution anschlossen und am Ende ihr Leben nur
durch Flucht retten konnten. Wie es ihnen damals ergangen ist, soll der
Vortrag ebenso erläutern wie den Eindruck, den eine Frau und
Kampfgefährtin wie Mathilde Anneke damals auf die Zeitgenossen machte.
Abenteuer oder „blutige Posse“ – für sie war die Revolution viel mehr!

16:15 Uhr
Susanne Slobodzian M.A. (Bochum)
Die Briefwechsel zwischen Mathilde Anneke, Mary Booth und Cäcilie Kapp
Die (politischen) Frauenfreundschaften der Mathilde Franziska Anneke in
Europa und den USA
Der Titel des Vortrages verbindet gleich zwei Begriffe mit dem der
Freundschaft, die sich auch nach unserem heutigen Verständnis eher
ausschließen: Das Politische und die Frauen. Während mit „Politik“ das
professionalisierte, öffentliche System der Herstellung bindender
Entscheidung assoziiert wird, dominiert ein Begriffsverständnis von
„Freundschaft“ als einer in freiwilliger Gegenseitigkeit konstituierten
Privatbeziehung. Frauen dagegen galten seit jeher zu ‚echter‘
Freundschaft nicht fähig. Entlang dieser Konfliktlinien soll anhand der
Analyse der Briefwechsel von Mathilde Franziska Anneke mit zwei ihrer
engsten Weggefährtinnen nachgezeichnet werden, welch spezifischer Typus
von Freundschaft hier unter den Bedingungen des gemeinsamen, politischen
Kampfes, von Exil, beruflichen Engagement und familiärer Fürsorge entsteht.

Moderation: Susanne Slobodzian und Karin Hockamp

Anmeldungen bis 13. April im Stadtarchiv Sprockhövel, Tel.: 02324 – 9701
555, Fax: – 554, E-Mail: stadtarchiv@sprockhoevel.de

Die Teilnahme ist kostenlos. Alle Veranstaltungen zu Mathilde Franziska
Anneke unter www.anneke.de

Veranstaltungsort:
Veranstaltungsraum der Sparkasse Sprockhövel (OT Niedersprockhövel)
Hauptstraße 68 , Sprockhövel