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Dortmunder Denkmalheft „Der mediale Aufbruch am Ende des Mittelalters – Tonfiguren aus Dortmunder Ausgrabungen“

Dortmunder Denkmalheft 08: „Der mediale Aufbruch am Ende des
Mittelalters – Tonfiguren aus Dortmunder Ausgrabungen“

Ein lehmverkrusteter Brocken aus einem Brunnen in der Dortmunder City
gab beim Reinigen eine Besonderheit frei: eine kleine, noch 6 cm hoch
erhaltene Tonstatuette aus dem 16. Jahrhundert. Dargestellt sind die
heilige Anna, die Mutter Marias, und vor ihr ihre Tochter Maria mit dem
Jesuskind. Diese bildliche Einheit, von der Anna „ein Drittel“
verkörpert, führte zu der Bezeichnung „Anna Selbdritt“.

Fundstücke dieser Art waren Heilsbringer, Souvenir und Idol. Man erwarb
sie als Andenken an Wallfahrten, verschenkte sie als Glücksbringer,
nutzte sie als Modevorlagen und als Spielpüppchen. Besonders aber
dienten sie der privaten Andacht. Man erbat sich von den Heiligen und
von Jesus Christus Fürsprache am Tag des Jüngsten Gerichts, an dem über
das eigene Schicksal (Himmel oder Hölle) entschieden werden würde.
Möglichst viele Gebete und fromme Werke sollten das Selenheil verbessern
und so die Zeit im Fegefeuer nach dem Tod verkürzen, bevor man in den
Himmel kam. Besonders am Ende des Mittelalters, im Vorfeld der
Reformation, kam es zu einer fast übersteigerten Religiosität. Die
Apokalypse, so glaubte man, werde sich noch zu Lebzeiten ereignen. Zu
vielfältig waren die Vorzeichen: Naturkatastrophen, Missernten,
Hungersnöte, seltsame Himmelserscheinungen, Krisen und Konflikte galten
als untrügliche Vorboten des nahen Weltendes. Beten für die
Glücksseligkeit: „Wenn das Geld im Kasten klingt, die Seele aus dem
Feuer springt“, so lautete die Parole der Ablassprediger. Religiöse
Leistung einkaufen – u. a. diese Kaufmannsmentalität trieb die
Reformatoren, wie Martin Luther an, die christliche Lehre wieder auf die
Glaubensinhalte zu konzentrieren.

Derartige Tonfigurenfunde bleiben oft wissenschaftlich unbearbeitet.
Doch die kleinen Statuetten vermitteln Aufschlüsse über Frömmigkeit und
Fortschritt, Handwerk und Wirtschaft des späten Mittelalters und der
frühen Neuzeit. Das achte Heft der Reihe „Bausteine und Fundstücke –
Dortmunder Denkmalhefte“ rückt aufschlussreiche Funde aus Dortmunder
Ausgrabungen in den Mittelpunkt. Als Autor wurde Dr. Gerard Jentgens
gewonnen, Archäologe und ausgewiesener Kenner westfälischer
Fundmaterialien. Er hat sich in den vergangenen Jahren intensiv mit dem
Thema Alltagsfrömmigkeit im späten Mittelalter und der frühen Neuzeit
beschäftigt.

Die neue Veröffentlichung „Der mediale Aufbruch am Ende des Mittelalters
– Tonfiguren aus Dortmunder Ausgrabungen“ ist das achte Heft der Reihe
Bausteine und Fundstücke – Dortmunder Denkmalhefte. Es wird ab sofort
kostenlos von der Denkmalbehörde im Stadtplanungs- und Bauordnungsamt,
vom Museum für Kunst und Kulturgeschichte und vom Stadtarchiv ausgegeben
– solange der Vorrat reicht. Alle älteren Denkmalhefte stehen ebenfalls
kostenlos zur Verfügung. Darüber hinaus können alle Hefte im Internet
heruntergeladen werden:
www.dortmund.de/de/leben_in_dortmund/planen_bauen_wohnen/denkmalbehoerde/dortmunder_denkmalhefte/index.html