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Industrielle Arbeitswelt und Nationalsozialismus. Der Betrieb als Laboratorium der „Volksgemeinschaft“ 1920-1960

CFP: Industrielle Arbeitswelt und Nationalsozialismus. Der Betrieb als
Laboratorium der „Volksgemeinschaft“ 1920-1960

Veranstalter: Institut für Stadtgeschichte Gelsenkirchen und Lehrstuhl
für Neuere und Neueste Geschichte der Universität Duisburg-Essen in
Kooperation mit der Landeszentrale für politische Bildung
Nordrhein-Westfalen

Deadline: 30.04.2017

Die „Volksgemeinschaft“ war ein Leitbegriff des „Dritten Reiches“.
Dahinter verbarg sich auch das Ziel der NSDAP, den „deutschen Arbeiter“
unter vorgeblicher Überwindung der Klassengegensätze in eine neue
Gesellschaftsordnung einzubinden. Daher musste der Nationalsozialismus,
insbesondere in der industriellen Arbeitswelt und dort konkret im
Betrieb, seine gesellschaftspolitische Gestaltungskraft unter Beweis
stellen, seine sozialen Versprechungen realisieren und seiner
„Volksgemeinschafts“-Vision Taten folgen lassen – immer mit Blick auf
eine Bevölkerungsgruppe, in der die NSDAP vor 1933
unterdurchschnittliche Zustimmungswerte aufgewiesen hatte.

Ausgehend von diesen Überlegungen wird im Herbst – 11.-13.10.2017 – in
Gelsenkirchen eine Tagung unter dem Titel „Industrielle Arbeitswelt und
Nationalsozialismus“ stattfinden, in deren Mittelpunkt der Zusammenhang
zwischen „Betriebsgemeinschaft“ und „Volksgemeinschaft“ steht. Ziel ist
es, klassische Forschungsperspektiven auf die Geschichte der
NS-Gesellschaft mit den neueren Ansätzen der Debatte um die
NS-„Volksgemeinschaft“ zu verbinden und neue Fragestellungen zur
nationalsozialistischen Arbeiter- und Industriepolitik zu entwickeln.
Insbesondere sollen dabei überdies Kontinuitäten im Zeitraum zwischen
1920 und 1960 Berücksichtigung finden. Es sollten also beispielsweise
die Interessenlage der Ruhrindustrie in den 1920er Jahren und deren
Experimente mit neuen Formen der Betriebsführung ebenso zur Sprache
kommen wie die Konsequenzen, die die „Volksgemeinschafts“-Ideologie und
die mit ihr verbundenen Visionen für die Industriepolitik in den Jahren
des „Wirtschaftswunders“ zeitigten.

Der Fragehorizont der Tagung orientiert sich gleichzeitig an der „neuen
Geschichte der Arbeit“, die sich seit der Jahrtausendwende als
Forschungsparadigma etabliert hat. Die „neue Geschichte der Arbeit“
fragt nach der Rolle von Deutungen und Diskursen, Wissen und
Wissenschaft für den Arbeitsprozess; gleichzeitig geht es um symbolische
Handlungen, Artefakte und (soziale) Räume. Diese Perspektiven sollen mit
der Geschichte der Betriebspolitik und Arbeitsgestaltung im
Nationalsozialismus gleichsam in einen Dialog eintreten. Konkret auf die
nationalsozialistischen Konzepte bezogen soll es darum gehen, eine
Erfahrungsgeschichte und eine Geschichte der Wahrnehmungsmuster der
industriellen Arbeitswelt zu rekonstruieren sowie die praktischen
Rahmungen in den Blick zu nehmen, die unterschiedliche Akteure dem
Betrieb bzw. der „Betriebsgemeinschaft“ verliehen. Dabei soll nach dem
Wandel von Orientierungsmustern, insbesondere des Leistungsbegriffs, der
Bedeutung materieller und nicht-materieller Anreizstrukturen sowie der
markanten Ausweitung betrieblicher Interessenfelder gefragt werden, auch
und gerade im Bereich der Reproduktionssphäre (z. B. Körperpolitik,
Konsum und Freizeit, Wohnungs- und Siedlungsbau). Ebenso können die
Rolle bestimmter Gruppen innerhalb der Belegschaft (u.a. Facharbeiter,
Frauen, Alte oder Jugendliche), Inklusions- und Exklusionsmechanismen
der „Betriebsgemeinschaft“ und die Bedeutung von „NS-Musterbetrieben“
und industriellen Musterstädten bzw. -siedlungen thematisiert werden.

Reise- und Unterbringungskosten für Referentinnen und Referenten werden
übernommen. Interessierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind
aufgerufen, bis zum 30. April 2017 eine kurze Ideenskizze (max. 400
Wörter) einzureichen.

Ansprechpartner:
Dr. Daniel Schmidt
Institut für Stadtgeschichte Gelsenkirchen
Munscheidstr. 14, 45886 Gelsenkirchen
0209/1698555
0209/1698553
daniel.schmidt@gelsenkirchen.de
www.gelsenkirchen.de/de/Bildung/Ausserschulische_Bildung/Institut_fuer_Stadtgeschichte/index.aspx