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Britische Sozial- und Kulturhistorikerin Catherine Hall erhält den 6. Bochumer Historikerpreis

6. Bochumer Historikerpreis

Catherine Hall ist Trägerin des Bochumer Historikerpreises 2017

Die britische Sozial- und Kulturhistorikerin Catherine Hall erhält den
6. Bochumer Historikerpreis. Der mit 25.000 Euro dotierte Preis würdigt
das beeindruckende Lebenswerk der britischen Historikerin, die bis zu
ihrer Emeritierung am University College London lehrte. Diese
Entscheidung gab die Stiftung Geschichte des Ruhrgebiets bekannt, die
die Auszeichnung seit 2002 im Drei-Jahres-Rhythmus gemeinsam mit der
Stadt Bochum, der Ruhr-Universität Bochum und der Stiftung der Sparkasse
Bochum zur Förderung von Kultur und
Wissenschaft verleiht. Schirmherr des Bochumer Historikerpreises ist der
Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen Armin Laschet.

„Catherine Hall gehört zweifellos zu den weltweit methodisch
innovativsten Forscherinnen und Forscher im Feld der Sozial- und
Kulturgeschichte. Ihre Arbeiten genießen international höchste
Anerkennung und werden nicht nur in der wissenschaftlichen Fachwelt
breit rezipiert. Auch in den aktuellen gesellschaftspolitischen Debatten
um den Kapitalismus wird auf Halls Werk Bezug genommen“, begründete
Prof. Stefan Berger, Vorsitzender des Vorstandes der Stiftung Geschichte
des Ruhrgebiets die Entscheidung der Stifter.
Bereits ihr 1987 gemeinsam mit Leonore Davidoff verfasstes Erstlingswerk
über “Family Fortunes. Men and Women of the English Middle Class 1780
-1850” (Familienschicksale. Männer und Frauen der englischen
Mittelklasse 1780-1850) wurde breit rezipiert und entfaltete in längerer
Perspektive eine bahnbrechende Wirkung auf die Entwicklung der
internationalen Geschichtsschreibung über Klassen- und
Geschlechterbeziehungen.

Catherine Hall wurde 1992 an der University of East London promoviert.
Seit 1998 bis zu ihrer Emeritierung war sie Professor of Modern Social
and Cultural History am University College London. Der Einfluss von
sozialen Klassen sowie die Kategorie Geschlecht blieben im Zentrum ihres
Blicks auf historische Prozesse. Dabei galt Catherine Halls Interesse
vor allem der Beziehung zwischen Metropole und Kolonien im britischen
Empire des 19. und 20. Jahrhunderts. Sie untersuchte, wie die Erfahrung
des Empire „zu Hause“ in England gelebt wurde, welche Wirkung sie
insbesondere auf das großstädtische Leben sowie auf die Ausbildung
weiblicher und männlicher Identitäten in England hatte. Insbesondere die
systematische und multiperspektivische Aufeinanderbeziehung der Fragen
von race, gender
und class stellt eine herausragende Pionierleistung dar. Ihre hohe
internationale Reputation ermöglichte ihr die Leitung von zwei
europäischen Großprojekten zur britischen Sklavereigeschichte. Catherine
Hall ist Chair Emerita des Centre for the Study of the Legacies of
British Slave-ownership. In Halls Arbeiten verschränken sich in
methodisch innovativer Form einerseits nationale, koloniale und
imperiale Perspektiven sowie andererseits mikro- und makrohistorische
Arbeitsweisen.

Mit der Zuerkennung des 6. Bochumer Historikerpreises an Catherine Hall
setzen die Stifter ein bewusstes Zeichen für eine politisch engagierte
und zugleich wissenschaftlich exzellente Forschung. Mit Catherine Hall
ehren sie eine Wissenschaftlerin, die auch als public intellectual
wirkt. Ihre Arbeiten, zuletzt diejenigen über die erhebliche Bedeutung
des Sklavereigeschäftes für den gesellschaftlichen Reichtum
Großbritanniens, beflügeln die wissenschaftliche ebenso wie die
politische Auseinandersetzung. Catherine Hall folgt den bisherigen
Preisträgern Marcel van der Linden (2014), Christoph Kleßmann (2011),
Eric Hobsbawm (2008), Jürgen Kocka (2005) und Lutz Niethammer (2002).
Sie ist damit die erste Frau, die mit dem Bochumer Historikerpreis
ausgezeichnet wird. Mit dem Preis werden alle drei Jahre herausragende
Leistungen auf dem Gebiet der Sozial- und Wirtschaftsgeschichte
gewürdigt, die national wie international große Aufmerksamkeit gefunden
haben.

Der Preis wird auf einer Festveranstaltung am 15. November im Haus der
Geschichte des Ruhrgebiets in Bochum übergeben.

Catherine Halls Hauptwerke
– (mit Leonore Davidoff) Family Fortunes: Men and Women of the English
Middle Class 1780-1850 (Routledge 1987)
– White, Male and Middle Class: Exploration in Feminism and History
(Polity Press, 1992)
– (hg. mit Ida Blom, Karen Hagemann) Gendered Nations: Nationalisms and
Gender Order in the Long Nineteenth Century (Berg 2000)
– (hg. mit Keith McClelland, Jane Rendall) Defining The Victorian
Nation: Class, Race, Gender and The British Reform Act of 1867
(Cambridge University Press, 2000)
– (hg.) Cultures of Empire: Colonizers in Britain and the Empire in the
Nineteenth and Twentieth Centuries (Routlege 2000)
– Civilising Subjects: Metropole And Colony In The English Imagination,
1830-1867 (Chicago University Press 2002)
– At Home with the Empire: Metropolitan Culture and the Imperial World
(Cambridge University Press, 2006)
– (ed. with Keith McClelland) Race, Nation and Empire: Making Histories,
1750 to the Present (Manchester University Press, 2010)
– Macaulay and Son: Architects of Imperial Britain (Yale University
Press, 2012)
– (ed. with Keith McClelland, Katie Donington,Rachel Long) Legacies of
British Slave-Ownership: Colonial Slavery and the Formation of Victorian
Britain (Cambridge University Press, 2014)